Zurück in der Spur: die deutsche Nationalmannschaft mit Michaelis, einem der Torschützen beim 8:1 gegen Lettland. © dpa
Ostrava/München – Es herrschte stille Zufriedenheit in der Kabine der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft nach dem Spiel gegen Lettland. Erwartet hatte man einen Abnutzungskampf und ein knappes Resultat, geworden war es ein beschwingter Auftritt, der zu einem befreienden 8:1-Sieg führte. Alexander Sulzer, einer der Assistenten von Bundestrainer Harold Kreis, machte die Runde. Wortlose Handschläge, kurze Umarmungen. Für den Co-Trainer zählten nicht nur die erzielten, sondern auch die verhinderten Tore. Sulzer coacht die Verteidigung – und das Defensivspiel war im vorangegangenen WM-Verlauf als deutsche Schwäche ausgemacht worden. In Zahlen: Bis zur Lettland-Partie 16 Gegentreffer in drei Spielen, zugelassen hatte man 39 (Slowakei), 43 (USA) und 46 (Schweden) Schüsse – bei der deutschen Vizeweltmeisterschaft vor einem Jahr waren es im Schnitt 23 gewesen. Zur Stabilität von damals kehrte man nun zurück: Nur 21 Mal ließ man die Letten abziehen. „Und meist von außen, sie hatten kaum Schüsse aus dem Slot“, sagte ein zufriedener Abwehrspieler Kai Wissmann.
Sulzer (39), gebürtiger Kaufbeurer, gilt als das große Trainertalent im deutschen Eishockey. Er spielte DEL, NHL, WM, Olympia. Als 2019 zufällig ein Tumor an seiner Halswirbelsäule entdeckt wurde, musste er seine Karriere beenden. Er war dann Geschäftsführer der Spielergewerkschaft SVE, sah sich aber aktiv nach einer Trainerstelle um. Er stieg in Crimmitschau (DEL2) als Skills Coach ein, die vergangenen zwei Jahre war er Co-Trainer bei den Fischtown Pinguins Bremerhaven, und es ist ausgemacht, dass er beim DEL-Finalisten zur neuen Saison die Chefstelle übernimmt. Bei der Nationalmannschaft ist Sulzer der feste Assistent, die anderen (derzeit Serge Aubin und Harry Lange) wurden extra fürs WM-Turnier berufen.
Seine zweite WM hinter der Bande fordert Sulzer nun auf besondere Weise. Der Mannschaft war nicht klar, wie genau sie sich in der Defensive verhalten sollte. „Da gab es Unstimmigkeiten, die Kommunikation war nicht so, wie sie sein sollte“, benannte Stürmer Tobi Eder die Problematik, er sprach von „Fragezeichen im Kopf“. Noch deutlicher wird NHL-Legionär Nico Sturm, der die 1:6-Niederlagen gegen USA und Schweden verletzt von außen verfolgte: „Wir sind rumgelaufen wie ein Hühnerhaufen.“ Die Spieler setzten sich daraufhin zusammen. Sturm: „Wir haben ehrlich gesagt, dass wir uns etwas unsicher sind, weil es im Verein jeder anders spielt.“ Das Ergebnis war positiv: „Jetzt hat jeder viel mehr Vertrauen in seinen Mitspieler.“
Mit ihrem Anpassungsvorschlag war die Mannschaft zum Trainerteam gegangen. „Es ist immer wichtig, dass die Mannschaft auch selber Lösungen sucht“, sagt Harold Kreis. „Es ging auch nicht darum, die Leute auf den richtigen Weg zu bringen, sondern auf den gleichen. Man muss die kleinen Dinge richtig machen, dann ist man im Spiel dabei.“
Das gilt nun wieder für die Deutschen. „Wir waren nicht mental gebrochen“, versichert Kai Wissmann. „Es war keiner mordsniedergeschlagen“, fügt Leo Pföderl an – aber unbestreitbar war das 8:1 ein Stimmungsaufheller. Und man hat es wieder in der Hand, ein großes Turnier zu spielen. „Wir dürfen nur nicht zu hoch fliegen“, warnt Wissmann. Kasachstan, der heutige (16.20 Uhr/ProSieben und MagentaSport) Gegner, ist fast identisch mit der Club-Mannschaft von Barys Astana. Und somit eingespielt. GÜNTER KLEIN