Paris – Beim Ausflug in die Dolomiten mit Kumpel Roger Federer machten die klirrende Kälte und das dichte Schneetreiben dem Mallorquiner Rafael Nadal mächtig zu schaffen. „Ich bin Schnee nicht so gewohnt wie Roger“, sagte Nadal mit einem gequälten Lächeln: „Ich fühle meine Ohren nicht mehr.“ Dennoch lauschte er beim gemeinsamen Videointerview andächtig den Worten seines einstigen Tennis-Rivalen. Der hatte für Nadal vor dessen letztem Karriere-Stopp auf der Abschiedstour bei den French Open eine wichtige Botschaft parat.
„Ich sitze hier als ein glücklicher Mann“, sagte der vor anderthalb Jahren zurückgetretene Federer. Er blicke mit Stolz auf seine Karriere, „aber ich bin auch froh, dass es vorbei ist“. Beim Abschied des Schweizers hatten die beiden Tennis-Ikonen schluchzend auf einer Spielerbank gesessen. Nun nahmen sie für den Werbedreh auf einer edlen Kiste in den Bergen nebeneinander Platz und schwelgten vor Nadals großem „Au revoir“ bei den French Open in Erinnerungen.
Nadal wird beim am Sonntag beginnenden zweiten Grand-Slam-Turnier des Jahres sehr wahrscheinlich ein allerletztes Mal aufschlagen. Dort, wo er seine größten Erfolge feierte und Rekorde aufstellte, von denen manche womöglich die Zeit überdauern werden. Eine Matchbilanz von 112:3-Siegen, keine einzige Niederlage in 14 Finals, in denen er nicht einmal über 5 Sätze gehen musste – kein anderer Spieler hat Roland Garros so geprägt wie der spanische Sandplatzkönig. Auf der Anlage steht ihm zu Ehren längst eine Statue aus Stahl. „Er ist das ultimative Vorbild“, schwärmte Deutschlands Tennis-Ikone Boris Becker: „Er hat das Herz eines Löwen.“ Doch die Erfolge der Vergangenheit helfen Nadal aktuell nur wenig. Der verletzungsgeplagte Spanier überlegte lange, ob er bei seinem Lieblingsturnier vor dem geplanten Karriereende nach dieser Saison überhaupt starten soll. Umso glücklicher reagierten Veranstalter und Fans auf Nadals Ankunft in Paris am vergangenen Montag. Jeder Schritt des Publikumslieblings wird verfolgt und via Social Media öffentlichkeitswirksam aufbereitet. Nadal begegnet der Aufmerksamkeit mit einem Lächeln, fast jeden Autogrammwunsch erfüllt er seinen Fans. Doch nur, um sich den wohlverdienten Abschiedsapplaus abzuholen, ist er nicht angereist. Er werde weiter „für die Dinge kämpfen, für die ich die letzten 15 Jahre gekämpft habe, auch wenn es jetzt unmöglich erscheint“. dpa