Man hat sich angewöhnt, die Trainersuche des FC Bayern nur noch in Konjunktiven zu kommentieren, aber nimmt man mal an, Vincent Kompany würde tatsächlich die Nachfolge von Thomas Tuchel beim FC Bayern antreten: Die erste Frage an ihn wäre gewiss. Wenn eine Personalie mit den Worten „Das Beste kommt am Schluss“ angekündigt wird, darf sie auch daran gemessen werden – und Kompany müsste garantiert gleich bei seiner offiziellen Vorstellung darüber philosophieren, ob er den Satz, den Sportvorstand Max Eberl am Wochenende geäußert hat, eher als Last oder Motivation empfindet. So oder so dürfte er immer wieder herausgekramt werden, egal in welche Richtung sich die erste Saison des 38-Jährigen an der Seitenlinie entwickeln würde. Im Optimalfall nach dem Motto: Die Bayern haben‘s gleich gewusst. Im schlimmsten Fall mit der Frage: Ist Kompany wirklich das Beste, was Bayern kriegen konnte?
So oder so: Die Entscheidung, die sich da nach einem guten Vierteljahr der erfolglosen Abwerbeversuche anbahnt, ist eine spannende – und zwar in vielerlei Hinsicht. Denn auch wenn Kompany, gerade mit Burnley aus der Premier League abgestiegen, auf den ersten Blick neben den vorherigen Kandidaten Xabi Alonso, Julian Nagelsmann, Ralf Rangnick und Co. nicht unbedingt wirkt wie die Königslösung, ist der Schachzug, auf einen aufstrebenden Jung-Trainer zu setzen, von Eberl und Christoph Freund nicht unclever. Würde Kompany im Sommer starten, gäbe es wenig zu verlieren, aber viel zu gewinnen. Und das ist für das neue sportlich verantwortliche Duo ja keine schlechte Ausgangslage. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
Natürlich werden jetzt auch jene Stimmen laut, die dem FC Bayern nachsagen, kein Trainerverein zu sein – und Kompany als Platzhalter für eine ganz große Lösung im Jahr 2025 (Guardiola? Klopp?) sehen. Weil aber ein Blick in die Vergangenheit lehrt, dass auf dem Trainerstuhl an der Säbener Straße alles – bzw.: nicht viel – möglich ist, kann die Beschreitung neuer Wege nur hilfreich sein. Seit dem Abschied von Pep Guardiola haben es weder Welttrainer wie Carlo Ancelotti und Tuchel noch vielversprechende Deutsche wie Niko Kovac und Nagelsmann oder gar Streichler wie Hansi Flick geschafft, sich länger als eineinhalb Jahre im Amt zu halten. Warum also nichts Anderes versuchen? So wie Leverkusen vor eineinhalb Jahren. Dort hat der Mut zu Alonso Früchte getragen. redaktion@ovb.net