Mehr als nur ein Pausen-Clown

von Redaktion

Thomas Müller erklärt seine EM-Rolle als Integrator im deutschen Team

Achtes großes Turnier: Müller freut sich darauf. © Gambarini/dpa

Jodler und kein Hofnarr: Müller will der Mannschaft bei der EM noch viel geben. © dpa

Spaßvogel, aber…: Müller sieht sich vor allem als eine Schlüsselfigur bei der Teambildung. © Schwarz/afp

Blankenhain – Rapper oder Jodler? Dass Thomas Müller diese Frage am Dienstag auf der Pressekonferenz in Blankenhain gestellt wurde, lag auf der Hand. Immerhin hatte Bundestrainer Julian Nagelsmann mit dieser Metapher versucht, die EM-Nominierung des Routiniers (mit) zu begründen. „Ich komme eher von den Jodlern, aber ich fand es schon immer interessant, die Rapper auch kennenzulernen“, antwortete Müller gewohnt schlagfertig. Es hätte ihm im Laufe seiner Karriere stets Spaß gemacht, mit offenem Visier durchs Leben zu gehen: „Ich führe jetzt ein sehr solides Leben. Aber es ist auch interessant, in andere Leben hineinzuschauen. Dementsprechend habe ich mich nie davor verschlossen.“ Angesichts des aktuellen Jugend-Slangs ermahne der 34-Jährige seine Mitspieler laut eigener Aussage jedoch, „auch mal ein der, die, das“ im Satz einzubauen.

Dass der Offensivspieler für den Bundestrainer mehr als nur ein „Gute-Laune-Onkel“ ist, hatte der Nagelsmann bereits tags zuvor verlauten lassen: „Seine Rolle ist klar, er wird Spielzeit bekommen, wenn auch nicht immer von Anfang an. Er ist einfach ein Verbindungsglied. Er ist aber nicht nur ein Pausen-Clown.“ Stattdessen ist Müller der Integrator schlechthin beim DFB – und arbeitet auch bewusst an diesem Ruf.

Das erklärt er so: „Wenn jemand neu ist und vielleicht noch etwas zurückhaltend, kann er sein Potenzial vielleicht gar nicht so gut entfalten. Da geht es dann schon darum, sich nicht abzuschotten und den Leuten das Gefühl zu geben, sie müssen sich das erst erarbeiten, dass man mit ihnen spricht.“ Stattdessen gehe es darum, die Neulinge bestmöglich in das Gefüge zu integrieren. Denn in Müllers Augen lebe das DFB-Team nicht zuletzt auch davon, dass jeder seine sportlichen Fähigkeiten optimal einbringen könne. Seit Dienstag kann das auch Manuel Neuer, der nach überstandener Magen-Darm-Grippe zum Team gestoßen ist.

Im Trainingslager in Blankenhain saugt Müller jeden Moment auf. Egal ob bei der Essensausgabe für die Tafel oder als „Fan-Einpeitscher“ bei der öffentlichen Einheit in Jena vor nicht weniger als 15 000 Zuschauern – der Ur-Bayer ist überall vorne mit dabei. „Man weiß, wie ich als Typ agiere und wie ich durch das Leben gehe. Dafür bekomme ich meist positives Feedback. Sowohl von Mitspielern als auch von Trainern. Das ist nicht künstlich“, beschreibt er sich selbst und erklärt: „Ich will sowohl für mich Spaß haben und auch die Mannschaft daran erinnern, dass es einerseits um Arbeit, Erfolg und Verbesserung und andererseits um Lockerheit und den Spaß am Spiel geht.“

Den besagten Extra-Meter gehe man laut Müller nicht, „weil es dir jemand sagt, den musst du selbst fühlen“. Das versuche der Weltmeister vorzuleben, aber aus einer gewissen Natürlichkeit heraus: „Ich habe nicht den Auftrag, jemanden zu unterhalten. Denn mit Unterhaltung kommt man hier nicht weit.“

Das Zwischenmenschliche ist das eine, das Fußballerische das andere. Müller mischt seit über einem Jahrzehnt im oberen Bereich sämtlicher Statistiken mit – auch in der abgelaufenen Saison: „Ich gehe grundsätzlich nicht damit hausieren, aber wenn ich schon so danach gefragt werde: Bei den Expected Assists auf 90 Minuten gesehen war ich sogar Top of the League. Bisserl was kann er schon noch, der Onkel.“ Das weiß natürlich auch der Bundestrainer. M. BONKE, P. KESSLER

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