Andreas Luthe hat genug gesehen. Und mal ehrlich: Was soll für den Bochumer Keeper auch noch kommen, nachdem er diesen Dienstagabend erlebt hat? Wenn man ein Duell nach dem Phrasen-Motto „Totgesagte leben länger“ von einem 0:3 in ein 3:3 dreht und am Ende nach 36 unglaublich harten Spielen und mit letzten Kräften den Klassenerhalt sichert, kann man mit 37 Jahren schon mal die Profi-Karriere beenden. Die Begründung des eigentlichen Ersatztorhüters passte nach mehr als 210 Relegations-Minuten gegen die Fortuna zur Gesamtsituation: „Das ist auch nichts mehr für mein Herz.“
In der Tat war diese Partie in Düsseldorf ja nicht nur dem Mann, der als überraschender Hauptakteur im Elfmeterschießen mittendrin stand, sondern auch bloßen Beobachtern an den TV-Bildschirmen an die Substanz gegangen. Selbst diejenigen, die ob des Hinspiel-Ergebnisses von 0:3 aus Bochumer Sicht den Fernseher eigentlich ausgeschaltet ließen, waren ab der 66. oder spätestens 70. Minute wieder dabei und blieben bis zum bitteren Ende – also bis zum Fehlschuss des Düsseldorfers Takashi Uchino, der in der gesamten Szenerie Anlauf, Elfmeter, Zusammenbruch keine drei Sekunden dauerte. Dem Häufchen Elend auf der einen stand auf der anderen Seite die Bestätigung gegenüber, dass es Wunder im Sport immer wieder gibt.
Natürlich hat das Ergebnis die Kritik der Relegations-Gegner befeuert – seit der Wiedereinführung der Relegation in der Saison 2008/09 hat sich im Duell zwischen Bundesliga und 2. Bundesliga erst dreimal der Zweitligist durchgesetzt. Das Zustandekommen aber überstrahlt die gerne geführte Generaldebatte über die Sinnhaftigkeit dieser K.o.-Spiele um die Liga-Zugehörigkeit. Dass die mit dem Rücken zur Wand stehende Mannschaft so zurückkommt, war kein bloßer Qualitätsunterschied der kickende Beine, sondern eine echte Willensleistung.
Sich im Kollektiv nach einem 0:3 im Hinspiel erfolgreich gegen den Abstieg zu stemmen, ist in den vergangenen 16 Jahren niemand anderem gelungen. Und genau deshalb zeigt diese Nacht von Düsseldorf zum richtigen Zeitpunkt auf, dass sich die Fußball-Nation auf den kommenden Sommer freuen soll, kann, ja, muss! Von 51 EM-Spiele im eigenen Land werden nicht alle an ein Wunder grenzen. Aber es wird sie geben, die Partien, die vorab nicht allzu viel Spannung versprechen – und am Ende an die Herzen gehen. redaktion@ovb.net