Solidarität: Gemeinsames Foto von deutschen und ukrainischen Spielern. © dpa
Ein bisschen mitgelitten angesichts vieler vergebener Chancen: Bundestrainer Julian Nagelsmann. © Eibner-PresseFoto
Positiver Aspekt: Die deutsche Abwehr (mit dem eingewechselten Robin Koch) stand sicher. © dpa
Nürnberg – 2:0 in Frankreich gewonnen, 2:1 gegen die Niederlande – ein 0:0 in einem Heimspiel gegen die auf den letzten Drücker für die Europameisterschaft qualifizierte Ukraine führt diese Ergebniskette nicht auf die erwartete logische Art fort. Die Euphorie rund um die deutsche Nationalmannschaft – zerbröselt sie schon wieder? Und sollte, um die Grundstimmung nicht zu gefährden, am Freitagabend in Mönchengladbach im abschließenden Test gegen Griechenland (nicht bei der EM dabei) gewonnen werden?
In Nürnberg ging das Publikum sehr freundlich mit den trotz aller Bemühungen torlos gebliebenen Deutschen um, kurz vor Schluss schalteten die Zuschauer die Taschenlampen ihrer Smartphones ein, als wollten sie mitteilen: Es war schön mit euch, ein netter Abend. Und für Julian Nagelsmann, den verantwortlichen Trainer, sind die Ergebnisse gerade nicht das alles Entscheidende. „Das hat eine emotionale und eine inhaltliche Komponente“, erklärte er, „wenn wir gegen Griechenland gewinnen und bei der EM gegen Schottland verlieren, sagt kein Fan: ,Super, gegen Griechenland gewonnen! Und wenn wir die Schotten schlagen, merkt keiner an: ,Aber gegen Griechenland haben wir verloren.‘“
Natürlich: Am Freitag wird das Team alles versuchen, um mit einem schönen Ergebnis und in der Folge Erlebnis ins Heimturnier zu gehen. Und man will auch einen Lernfortschritt erzielen. Die letzten beiden Testspielgegner wurden auch unter dem Gesichtspunkt ausgewählt: Können sie eine Vorstellung von dem vermitteln, was auf die DFB-Mannschaft in der Vorrunde, vor allem mit Schottland und Ungarn, zukommt? Man muss sich einstellen auf tiefstehende Formationen mit Fünfer-Abwehrriegel.
„Leider haben wir 90 Minuten lang nur verteidigt“, war der ukrainische Trainer Serhij Rebrow etwas verlegen, doch die defensive Grundhaltung des Gegners störte Julian Nagelsmann nicht: „Es war eigentlich perfekt, dieses Spiel gehabt zu haben.“ Er bezeichnete sich als „nicht unzufrieden“, denn er habe eine Mannschaft gesehen, „die gewinnen will und ein Testspiel nicht einfach abspult“.
Der Bundestrainer machte starke Phasen in der Anfangsviertelstunde und zu Beginn der zweiten Hälfte aus, „da kam der Gegner 20 Minuten nicht über die Mittellinie“, die Matchstatistik verriet ihm: „Wir hatten 27 Torabschlüsse.“ Es sei halt auch eine Frage des Glücks, „ob mal ein Ball reinfällt“. Aber er will das auch erarbeiten. Das Training soll darauf ausgerichtet sein, „dass wir noch giftiger durchlaufen und bei Flanken ein, zwei Spieler mehr in den Strafraum bringen“. Mit einer Führung spiele es sich einfach leichter, befand Mittelfeldmann Pascal Groß: „Du nimmst dem Gegner Hoffnung und Motivation.“ Aber: „Positiv ist, dass wir zu null gespielt haben.“
Am Freitag in Mönchengladbach stehen Julian Nagelsmann alle personellen Optionen zur Verfügung. Antonio Rüdiger, Toni Kroos von Real Madrid, Niclas Füllkrug, der ebenfalls im Champions-League-Finale stand, Leroy Sané, dessen Länderspielsperre nun abgelaufen ist. „Drei in der Offensive, einer in der Defensive, die uns gutgetan hätten, das Spiel gegen die Ukraine zu entscheiden“, findet Nagelsmann. „Die Champions-League-Spieler können uns viel geben“, erwartet Pascal Groß.
Man nahm das 0:0 gelassen hin. Und freute sich ein bisschen für die Ukraine, die vom Publikum gefeiert wurde. „Deutschland“, so Coach Rebrow gerührt, „ist für uns ein superwichtiger Partner.“ GÜNTER KLEIN