Saß gegen die Ukraine noch seine Sperre ab: Leroy Sané (li. neben ihm: Füllkrug). © Sampics
Leroy Sané: Die Kritik an sich und seiner Spielweise sieht er gelassen. © Walton/dpa
Man kennt sich bestens: Leroy Sané 2017 bei Manchester City mit dem Spielerkollegen Kompany (Mitte). © dpa
Herzogenaurach – Julian Nagelsmann hat eine erste Elf im Kopf – mit Einschränkung: Leroy Sané könnte noch reinkommen. Der 28-Jährige vom FC Bayern fehlte zuletzt gesperrt und angeschlagen. Am Freitag (20.45 Uhr) im Test gegen Griechenland gilt es für ihn.
Leroy Sané, Sie schleppen seit Monaten eine Schambeinentzündung mit sich herum. Wie geht‘s Ihnen?
Gut so weit. Ich verfolge einen Plan, den wir zusammen entwickelt haben, damit es Stück für Stück besser wird.
Ist es eine Mischung aus Therapie und Ruhe?
Und aus Belastung. Es ist nicht so, dass ich komplett aus ihr raus bin. Durch die Saison war es ein Wellental, auch weil einige wichtige Spiele anstanden, doch jetzt muss es konstant bergauf gehen. Ich hatte Zeit, mich zu erholen, aber auch die Belastung zu steigern.
Nach einem Platzverweis im November gegen Österreich waren Sie für drei Länderspiele gesperrt, Bundestrainer Julian Nagelsmann sagt, am Freitag gegen Griechenland müssten Sie spielen. Klappt das? Und wie lange können Sie durchhalten?
Sollte klappen. Wie lange ich spiele, sollten wir besprechen.
Wie schränkt die Entzündung Sie ein?
Bei Bewegungen, bei Schüssen, Pässen, da verspürt man Schmerzen. Sie kommen nicht immer in jeder Situation auf die gleiche Weise und in gleichem Maße. Deswegen ist diese Verletzung auch so unangenehm, weil man nicht wirklich weiß, was man kriegt. Aber dadurch, dass ich die Sache schon länger habe (lacht), kenne ich die Punkte und kann damit besser umgehen. Wenn die Belastung zu hoch ist, kann es sein, dass ich eine Reaktion bekomme und es für ein paar Tage schlechter ist, als es zuvor war. Aber das bleibt nicht für die Ewigkeit so.
Ginge es, alle paar Tage 90 Minuten zu spielen?
Werden wir sehen. Wir haben einen breiten und sehr guten Kader, offensive Stärken auf allen Positionen. Wenn ich spielen sollte und man merkt, dass es für uns hoffentlich schon auf positive Weise durch ist und wir die Kontrolle haben, muss man nichts provozieren, indem man sagt, du bleibst 90 Minuten auf dem Platz und gibst Vollgas. Das weiß der Trainer aber.
2016 sind Sie kurz vor der EM in die Nationalmannschaft gekommen, das wird jetzt Ihre dritte Europameisterschaft, dazu waren Sie bei der WM in Katar dabei. Vier Großereignisse, aber glücklich geworden sind Sie und Turniere miteinander noch nicht. Was erwarten Sie von der EURO 2024?
Wir haben, wie ich sagte, einen guten Mix im Kader, wissen, was wir können, der Spirit in der Mannschaft stimmt, alle Türen stehen uns offen. Und auch wenn ich das Problem mit der nervigen Verletzung habe: Ich will meine Leistung abliefern und meinen Beitrag leisten, dass es bestmöglich bis zum Titel geht.
Was verändert die Rückkehr von Toni Kroos, der Sie auch schon mal zur Ordnung gerufen hat?
Toni und ich verstehen uns gut auf einer lockeren und ehrlichen Basis. Auf dem Platz hilft er enorm, er ist der Taktgeber, weiß, wie er das Spiel kontrollieren muss, wo die Räume sind. Er spielt alles ohne Probleme runter, als würde er einfach Wasser trinken. Wir haben diese Stabilität gebraucht, er gibt sie uns einfach.
Stimmt der Eindruck, dass Sie in dieser Saison mehr Defensivarbeit geleistet haben? Wenn wir nur an das Spiel gegen Frankreich in Dortmund erinnern: Da waren Sie so weit hinten zu finden, dass Sie sogar einen Strafstoß verursacht haben.
Ich weiß nicht, warum ich mich erst jetzt gesteigert haben soll. Ich glaube, mein Spiel bestand schon immer darin, dass ich defensiv mitgearbeitet habe. Ich zeige da mehr als manch andere Offensivspieler.
In der öffentlichen Wahrnehmung hängt Ihnen aber schon an, dass die Zuschauer zu erkennen glauben, ob Sie mit Lust oder Unlust spielen. Sie selbst verspüren wahrscheinlich immer Lust.
So ist es, und deswegen betreibe ich auch diesen Sport. Ich zwinge mich nicht dazu, habe Spaß dabei. Aber jeder hat seinen Blickwinkel, das kommt nicht nahe an mich ran. Die eine Person findet mich gut, die andere mag mich als Spielertypen nicht – daher konzentriere ich mich auf mich selbst.
Wo sehen Sie sich in der Teamhierarchie mit Ihren 28 Jahren?
Ich sehe das locker. Wenn auf meiner Position jüngere Spieler dabei sind, gebe ich denen Tipps, pusche sie auch, dass sie sich nicht verstecken. Auf dem Platz gibt es für mich kein Alter, sondern nur Qualität. Das gebe ich den jungen Spielern mit: Ihr müsst euch nicht zurückhalten. Wie Brajan Gruda (Mainz, ist als Trainingsgast dabei, d. Red.) nach einer Bundesligasaison hier aufspielt, das begeistert mich. Und für mich selbst: Da ich ein gewisses Alter habe, versuche ich, die Mannschaft mit meiner Qualität mitzuziehen.
Wäre Gruda einer für Bayern? Das Gerücht gibt es bereits.
(lacht) Da habe ich ein paar Insiderinfos, die erzähle ich aber nicht. Wichtig für seine Entwicklung ist: Er muss Spielzeit bekommen, egal wo. Klar, man passt sich dem Niveau an und lernt. Er muss seine Chancen abwägen.
Neuer Bayern-Trainer wird Vincent Kompany. Sie haben mit ihm bei Manchester City gespielt. Gab es seit seiner Verpflichtung und Vorstellung in München Kontakt?
Wir hatten ein kurzes Telefonat. Ich hab ihn beglückwünscht und ihm gesagt, ich freue mich darauf. Wir haben ein wenig gequatscht, es war ein Update, wie es einander geht. Jetzt bin ich hier bei der Nationalmannschaft, weitere Details besprechen wir später.
Was für ein Typ ist er gemäß Ihrem Erleben?
Er will vorangehen, ist ein absoluter Leader, so war er als Spieler, und so hat er es auch von seinen Mitspielern erwartet. Jetzt sind wir seine Spieler und sollen schnellen Fußball mit viel Mut spielen und dominieren. Wenn er uns das eintrichtert, wird es gut funktionieren.
Dachten Sie damals schon, dass Kompany mal Trainer wird?
Von der Art und Weise, wie er als Spieler war – ja. Er hat das auch früh kommuniziert, dass das sein Plan ist. Als wir noch zusammenspielten, saß er schon immer am Laptop und hat Spiele angeschaut und analysiert. Die Trainerausbildung hatte er da schon angefangen. Er hat zu mir gesagt, er wird mal mein Trainer, ich habe gekontert, dass das nicht passieren wird (lacht), jetzt ist es leider passiert. Mich freut es, dass er bei einem Topclub der Trainer und ich in seiner Mannschaft sein darf.