Sieht die Mehrheit der Fans auf seiner Seite: Löwen-Investor Hasan Ismaik. © Sampics
Es brodelt beim TSV 1860. Der Aufstieg wurde mal wieder verpasst, das Verhältnis zwischen Mutterverein und Investor ist komplizierter denn je. Teil zwei des Doppel-Interviews mit Investor Hasan Ismaik.
Sportchef Christian Werner versucht, mit geringerem Budget einen besseren Kader zu bauen. Trotzdem haben Sie, Herr Ismaik, im BR-Interview kein gutes Haar an ihm gelassen. Ist das nicht auch in Ihrem Sinne, dass Mittel gezielt eingesetzt werden?
Ismaik: Mit dem aktuellen Sportdirektor hat die ganze Misere wenig zu tun. Seine vier Transfers im Winter waren zwar keine Sensation, aber er kann es jetzt besser machen. Ich bin gespannt. Egal, wer kommt – die Leute, die hinter ihnen alles steuern, spielen falsch. Ihre Einstellung ist, mich loszuwerden. Nicolai Walch (Beirat und Verwaltungsrat/Red.) hat mich als „Geldkoffer aus Abu Dhabi“ bezeichnet und will mich jetzt treffen. So geht das aber nicht. Herr Walch hat keinen Respekt. Man darf die Fans nicht anlügen. Die Mitglieder müssen aufwachen!
Herr Lutz, Ihr „Bündnis Zukunft 1860“ hat einen Matchplan ausgearbeitet, der die Löwen wieder voran soll. Können Sie den mal grob skizzieren?
Lutz: Gerne. Punkt 1) Wir brauchen Ziele, zunächst den Aufstieg in die 2. Liga. Punkt 2) führt zur Frage: Ist die personelle Besetzung gut genug, um dieses Ziel zu erreichen? Bewiesen wurde es bisher nicht, im Gegenteil. Punkt 3) Wer finanziert das Projekt und das neue Personal? Unsere Analyse ergab, dass wir 10 bis 15 Millionen Euro brauchen. Punkt 4) Ich habe mit vielen möglichen Geldgebern gesprochen. Die meisten fordern eine klare Struktur, verlässliche Ansprechpartner und Kontinuität. Dann sind sie bereit zu investieren. Punkt 5) ist der wohl wichtigste: Wir brauchen Klarheit im Hinblick auf Hasan Ismaik und seine Rolle. In welcher Form will er weiter investieren? Die chaotischen Zustände beim TSV 1860 müssen beendet werden, und dazu braucht es eine verlässliche Basis für die Zusammenarbeit. Respekt gehört zwingend dazu. Daher habe ich Herrn Ismaik neulich zu mir nach Hause eingeladen. Bei einem Mittagessen hatten wir einen guten, offenen, persönlichen Austausch. Vertrauen ist die Grundlage für alles Weitere.
Anderes Thema: Sie, Herr Ismaik, möchten für 1860 ein neues Stadion bauen. Treffen Sie Oberbürgermeister Dieter Reiter bis zu Ihrer Abreise am 19. Juni?
Ismaik: Wir haben uns mehrfach getroffen. Mein Traum wäre es, das Grünwalder Stadion am selben Ort in Giesing zu erhalten, indem wir es komplett neu aufbauen, mit höheren Rängen und allem, was die modernsten Stadien der Welt bieten. Aber weil das wahrscheinlich baurechtlich nicht möglich ist, werden wir versuchen, ein neues Grundstück von der Stadt München zu bekommen, um darauf ein großartiges Stadion für Profifußball zu errichten.
Wie realistisch ist das, Herr Lutz?
Lutz: Die Summen, die für den Kapazitätsausbau im Grünwalder Stadion investiert werden müssten, sind so gigantisch, dass es vielleicht sinnvoller wäre, gleich ein neues Stadion zu bauen. Das wollen wir mit einem seriösen Gutachten prüfen lassen. Das Grünwalder Stadion als unser aller emotionaler Heimatort muss aber erhalten werden, das ist klar.
Sie sind seit 60 Jahren Löwen-Fan, drängen jetzt erstmals in eine verantwortliche Position. Haben Sie sich das gut überlegt?
Lutz: Ich war 1964 das erste Mal im Stadion, 1860 war immer mein Verein. Ich bin gefragt worden, ob ich mich zur Verfügung stelle, mitzugestalten und zu beraten. Und dazu kam dann die Frage: Bist du auch bereit, für den Verwaltungsrat zu kandidieren? Das habe ich bejaht. Was ich aber sagen muss: Diese Art des Wahlkampfs für ein Ehrenamt ist ja noch härter als ein politischer Wahlkampf. So etwas wie jetzt habe ich noch nie erlebt. Man will helfen, bringt Kontakte mit und wird dann im übertragenen Sinne von manchen verprügelt.
Hat Ihre Frau schon geschimpft?
Lutz: Mein privates Umfeld hält mich für verrückt – aber sie wissen, wie sehr mein Herz für die Löwen schlägt, und deshalb stehen sie voll hinter mir.
Herr Ismaik, Sie wollen jetzt Deutsch lernen, war zu hören.
Ismaik: Ja. Ich werde bald anfangen. Man hat mir gesagt, ich brauche mindestens ein Jahr. Man muss Zeit investieren, wenn man etwas Neues lernt. Aber ich will das machen, nicht nur wegen 1860. Ich habe Philosophie studiert und weiß, dass viele wichtige Philosophen aus Deutschland kamen. Deren Bücher möchte ich gerne im Original lesen.
Zum Austausch mit den Löwenfans müssten sie zudem Bairisch lernen.
Ismaik: Bei uns zu Hause gibt es auch viele Dialekte und Akzente, ich beherrsche sie alle. Ich verspreche ihnen, auch das werde ich versuchen.
Das heißt, das Interview zum Zweitliga-Aufstieg führen wir dann auf Deutsch?
Ismaik: (hebt die Arme nach oben und schaut nach oben): Das ist mein Traum. Ich hoffe, es kommt so.
Zunächst steht aber eine richtungweisende Mitgliederversammlung an. Wie optimistisch sind Sie, was den 16. Juni angeht, Herr Lutz?
Lutz: Wenn man antritt, dann kämpft man. Ich bekomme viel positives Feedback, für mich sind diese Fans die gefühlte Mehrheit. Ich kenne überhaupt niemanden, der sagt: ,Weiter, so!‘ Wenn am Ende doch nicht der Reformkurs gewählt wird, dann kann ich es auch nicht ändern.
INTERVIEW: ULI KELLNER, MATHIAS MÜLLER