München – Donnerstagabend hat es die Basketballer des FC Bayern dann schon mal vor die Fernseher gezogen. Das ultimativ letzte Halbfinale, in dem sich Alba Berlin gegen Chemnitz zum Bayern-Herausforderer aufschwang zig dann doch Aufmerksamkeit auf sich. Und selbst der ziemlich unbeirrbare Serge Ibaka war angetan. „Sie werden stärker aus dieser Serie hervorgehen“, sagte er mit Blick auf die Berliner.
Ob das für die Bayern in der am Samstag (20.30 Uhr) beginnenden Finalserie bedrohlich ist, ist eine andere Frage. Spätestens in den Playoffs hat sich der Eindruck verfestigt, dass die Entscheidung über einen Münchner Titelgewinn vor allem die Münchner selbst treffen. „Nach der Niederlage im ersten Spiel gegen Ludwigsburg hat jeder gesehen, worauf es ankommt“, sagte Kapitän Vladimir Lucic. Allen voran auf eine knallharte Defensive. In der Tat: Nach dem verpatzten Auftakt fing man sich im Schnitt nur noch gut 70 Punkte ein.
Das klingt nicht unbedingt nach Basketball-Spektakel, aber darum geht es auch nicht. Man will die inzwischen fünfjährige Meistermisere beenden. „Dieser Titel“, betonte Lucic, „ist ein Muss.“ Es ist in der Tat auch eine Frage, ob rauschhaftes Spiel und Erfolg überhaupt zusammenzubringen ist, in einer Saison mit knapp 80 Spielen in drei Wettbewerben. Lucic glaubt daran: „Du gehst entweder perfekt eingespielt in die Playofs oder gesund.“ Die Bayern entschieden sich für Letzteres. Sollten Sylvain Francisco und Nick Weiler-Babb wie erhofft im Finale zurückkehren, wäre der Kader tatsächlich komplett. „Unser Trainer Pablo Laso hat enorm viel Erfahrung“, sagte Lucic, „er hat die Minuten sehr gut verteilt.“
Der Bayern-Kapitän fühlt sich erinnert an 2020/21 als Alba Berlin die Saison mit einem ähnlichen Rotationsprinzip bestritt – während Lucic & Co buchstäblich auf dem Zahnfleisch in die Titelentscheidung gingen, die auch noch auf vier Spiele in fünf Tagen komprimiert wurde. Am Ende stand ein 1:3, für ihn nach dem mit Serbien verlorenen EM-Finale 2017 (85:93 gegen Slowenien) seine wohl bitterste Karriere-Erfahrung.
Eine solche soll nun unter keinen Umständen dazu kommen. Lucic denkt an die rauschenden Titelparties von 2018 und vor allem 2019 als die Münchner bemerkenswert unaufhaltsam durch die BBL gepflügt waren. Ganze drei Niederlagen in der Hauptrunde, 9:0-Siege in den Playoffs. Allerdings auch umrahmt von einer Euroleague, die mit 16 Teams kleiner und auch schwächer besetzt war als die heutige.
Anders als damals würde er den 6,4 Kilo schweren Meisterpokal diesmal als Kapitän selbst entgegennehmen. Was dem Mann aus Belgrad, der sein achtes Jahr beim FC Bayern vollendet, aber nur bedingt viel bedeutet. Er will sie einfach nur gewinnen, diese Meisterschaft. „Wenn du mit einer Trophäe in den Sommer gehst, dann wird alles leichter“, sagte er mit leuchtenden Augen, „du erholst dich schneller, sogar deine Beziehung zu Frau und Kindern ist besser.“
So gesehen wird es am Ende vielleicht auch mit entscheidend sein, ob er tatsächlich mit Serbien noch einmal den Schritt zu den Olympischen Spielen wagt. In seinem Fall ist auch das keine Selbstverständlichkeit. Immerhin wird dieser Vladimir Lucic am Tag nach einem möglichen fünften Finale 35 Jahre alt. PATRICK REICHELT