Wunschspieler: Palhinha. © IMAGO/Jose Manuel Alvarez Rey
Klarer Plan im Kopf: Eberl – und Kompany – tüfteln am Kader für die neue Saison. © IMAGO/Bernd Feil
Man kennt sich: Tah solll im Sommer Münchner werden – aber ist Kimmich dann noch da? © IMAGO/Oliver Kälke
München – Einen kleinen Meilenstein hat Max Eberl klammheimlich erreicht. Während sich die Nation in EM-Fieber und die DFB-Elf in Form bringt, dazu alle anderen Spieler des FC Bayern bei ihren Nationalmannschaften oder im Urlaub sind, war der Sportvorstand 100 Tage im Amt. Der 50-Jährige macht kein Geheimnis daraus, dass die ersten drei Monate an der Säbener Straße keine leichten waren – und wie er sich die nahe Zukunft vorstellt, verriet er am Tag nach seinem kleinen Jubiläum auf dem Podium der „Süddeutschen Zeitung“. Mit Blick auf den Kader sagte er: „Wir müssen nicht revolutionieren – aber evolutionieren.“
Nimmt man diese Aussage wörtlich, heißt das: Eberl will keinen Ad-hoc-Umbruch, sondern den FC Bayern Schritt für Schritt verändern. Dazu passen Sätze, die er öffentlich sagt – und Pläne, die hinter verschlossenen Türen gesponnen werden. „Wir konnten viele Themen während der Trainersuche im Hintergrund anstoßen“, sagt Eberl und bezeichnet potenzielle Neuzugänge als „neue Reize“, die nach der ersten titellosen Saison seit 2012 dringend vonnöten sind. Die Liste ist lang: Theo Hernández (AC Mailand) und Xavi Simons (PSG/RB Leipzig) stehen drauf, konkreter ist man bereits mit Joao Palhinha (FC Fulham) und Jonathan Tah (Bayer Leverkusen). Beide unbedingte Wunschspieler, ohne Superstar-Status. Und beides Kandidaten, deren Transfers einen großen Einfluss auf den Rest des Kaders haben würden.
Mit Tah etwa ist man sich schon länger mündlich einig. Der Innenverteidiger macht sich seit dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft Gedanken über seine Zukunft, will aber ausschließlich innerhalb der Bundesliga wechseln. In München winkt ihm ein langfristiger Vertrag, Leverkusen ist laut Sky nun über die Kaufbereitschaft aus München informiert. Wenn die Verhandlungen dieser Tage starten, richtet sich der Blick aber auch auf die restlichen Innenverteidiger. Kauft man, muss man auch verkaufen – und da soll neben Minjae Kim und Dayot Upamecano auch Abwehr-Topverdiener Matthijs de Ligt ein Kandidat sein.
Der Niederländer wurde einst für knapp 70 Millionen Euro geholt, um Abwehrchef zu werden. Und dass selbst sein Platz nicht mehr sicher ist, zeigt den Plan von Eberl. Außer Manuel Neuer, Harry Kane, Thomas Müller, Jamal Musiala und Aleksandar Pavlovic kann sich kein Stammspieler sicher sein. Das gilt auch für Leon Goretzka und Joshua Kimmich, die von einem Palhinha-Transfer direkt betroffen wären. Kommt der Sechser, für den die Bayern zwischen 40 und 45 Millionen Euro an Fulham zahlen wollen, in diesem Sommer tatsächlich, wird es wohl namhafte Abgänge geben. Kimmich, gebunden bis 2025, schaut sich das aktuell alles an und macht sich sein eigenes Bild. Dass das Gespräch nicht vor der EM mit ihm gesucht wurde, hat er – neutral gesagt – vernommen und weiß es einzuordnen. ManCity soll Interesse haben.
Die Frage, wie viel „mia san mia“ man abgeben kann, ohne die eigene DNA zu verlieren, begleitet die EBERLution, sie ist ein Drahtseilakt. Daher ließ Eberl auch schon verlauten, was er sich von den Sternchen im Kader erwartet. „Spieler wie Jamal Musiala und Aleksandar Pavlovic“ sollen „Verantwortung übernehmen“. So werden sie „dann Gesichter“ dieser Mannschaft. Vor allem mit Blick auf Neu-Nationalspieler Pavlovic wurde so erstmals ausgesprochen, was man ihm intern zutraut. Der 20-Jährige wird als tief liegender Spielmacher gesehen – und optimale Ergänzung zu Palhinha im Mittelfeld.
Klappt das, wäre das das perfekte Evolutions-Beispiel. Hervorgegangen aus der eigenen Jugend, Vorbild und Führungsfigur in einem. Pavlovic wird als Zukunftssäule gesehen, in einem Team, das „Dominanz, Gemeinschaftlichkeit und Energie“ ausstrahlen soll. Eberl weiß: Auch weitere 100 Tage reichen nicht, um diesen Plan vollends umzusetzen. Aber womöglich kann man im Herbst schon Tendenzen sehen. H. RAIF, P. KESSLER, M. BONKE, V. TSCHIRPKE