Hochsicherheitszone: Polizisten beobachten die Zenith-Halle, vor der sich lange Schlangen bildeten. © Sampics / Stefan Matzke
Mit Spitzen gespickte Rede: Robert Reisinger. © Sampics
Anti-Ismaik-Präservativ: Ein Fanpaket. © Sampics
Premiere: Erstmals in seinen 13 Jahren als Investor des TSV 1860 besuchte Hasan Ismaik eine Versammlung des Muttervereins (e.V.). © ulk
München – .Es ging stramm auf 20 Uhr zu, als sich die verfeindeten Lager erstmals an diesem langen Sonntag einig waren. Gemeinsam wurde die weise Entscheidung getroffen, die letzte Fragerunde einfach zu streichen – obwohl 16 weitere Redner Beiträge angemeldet hatten. „Das widerspricht eigentlich meinem demokratischen Verständnis“, sagte Roman Beer von Pro1860, der die Verkürzung dennoch vorschlug. „Ich glaube, es ist jetzt alles gesagt“, sagte Klaus Ruhdorfer, ehe der Antrag von den gut 2000 anwesenden Mitgliedern angenommen wurde.
2018 hatte Ruhdorfer mit dem „Team Profifußball“ einen Politikwechsel geplant, diesmal mit dem „Bündnis Zukunft 1860“, es ging darum, die erdrückende Macht der investorkritischen Pro1860-Organisation einzudämmen. Beide Lager, insgesamt 23 Kandidaten, hatten am Sonntagabend noch mal für ihre Positionen geworben, in inzwischen aufgeheizter Atmosphäre. Hinter allen in der Zenith-Halle lag eine Versammlung von der Länge eines Arbeitstages. Auch Hasan Ismaik hatte sich bereits um 9 Uhr auf den Weg nach Freimann gemacht – und fast bis zum Ende durchgehalten. Beim Druck dieser Ausgabe wurde noch ausgezählt, doch es zeichnete sich ein Sieg der neun von Pro1860 vorgeschlagenen Verwaltungsräte ab.
Wie Ismaik den Tag empfand, konnte man zunächst nur erahnen. Links in Reihe 10, wenige Meter von Notausgang 5 entfernt, hatte er sich niedergelassen. Das heißt: Nicht nur Ismaik, auch mehrere Personenschützer, die sich vor, neben und hinter ihm postierten – dazu ein Übersetzer und sein Bruder Yahya. Als Ismaik gegen 10.30 Uhr die Mitgliederversammlung im Zenith betreten hatte, ausgerechnet während der Präsidentenrede seines Gegenspielers Robert Reisinger, war das Publikum abgelenkt. Vereinzelt gab es Applaus für den Investor, beim Anstehen vor der Halle war aber auch das Scheich-Lied gesungen worden, eine von vielen Provokationen. Ismaik reckte kampfeslustig die Faust und sagte: „Mir macht das Spaß hier. Auch wenn die Gegner pfeifen und brüllen – es zeigt mir, wie lebendig dieser Verein ist.“
Vom Notausgang machte Ismaik keinen Gebrauch, im Gegenteil. Er hörte sich geduldig die Rede Reisingers an. Hin und wieder kam einer an, um seine Aufwartung zu machen, auch Ruhdorfer und Klaus Lutz vom „BZ60“. Ansonsten verfolgte Ismaik das Geschehen mit der stoischen Ruhe eines Theaterbesuchers. „1860 ist nicht etwa Drittligist, weil ihn die angeblichen Verzwerger so gerne in den unteren Ligen sehen“, polterte Präsident Reisinger, der vom bisherigen Verwaltungsrat gestützt wird: „Nein, der TSV 1860 ist 2017 sogar ein Viertligist geworden, weil ihn Menschen mit Größenwahn genau dort hingebracht haben.“ Als „Glücksritter“ bezeichnete er diese Menschen, zu denen er wohl auch die Bündnis-Vertreter zählt: „Ich warne davor, die gleichen Fehler immer wieder zu machen.“
Als Reisinger fertig war, tobte der Saal. Vorne, wo sich die e.V.-Unterstützer breitgemacht hatten, blieb kaum einer sitzen. „Wir sind der Verein“, skandierte die Menge. Das Ergebnis? Offen! Bis zum Druck dieser Ausgabe um 23 Uhr wurde ausgezählt. ULI KELLNER