Janza trübt die Eriksen-Party

von Redaktion

Treffer des Helden reicht nicht zum dänischen Auftaktsieg gegen Slowenien

Mann des Abends – so oder so: Christian Eriksen traf im ersten EM-Spiel seit seinem Herzstillstand zum dänischen 1:0 gegen Slowenien. Am Ende stand es allerdings 1:1. © IMAGO

Stuttgart – Vielleicht war die Geschichte zu gut, um wahr zu sein. Das dachte sich auch Erik Janza, als gestern Abend im Stuttgarter EM-Stadion die 77. Minute lief. Es hatte sich angedeutet, dass Slowenien in diesem ersten Spiel der Gruppe C keine Anstalten machte, sich aufzugeben – und weil ein 1:0 ab der 17. Minute halt nur ein kleiner Puffer ist, blieb das Happy End im ersten Spiel aus. Zwar stand Christian Eriksen 1100 Tage nach seinem Herzstillstand auf der Torschützenliste. Der 32-Jährige aber durfte nicht die überaus kitschige Geschichte schreiben, die sich ein ganzes Land 60 Minuten lang ausgemalt hatte. 1:1 (1:0) lasen die Fans am Ende auf der Anzeigentafel. Ein Dämpfer für „Danish Dynamite“.

Die Gefühle waren gemischt nach diesem Auftakt. Denn natürlich war sie noch da, die Freude über den EM-Treffer des Mannes, der nach den dramatischen Szenen bei der EURO 2021 schon vor Abpfiff ein Held war. Aber sie wurde halt gestört von der Enttäuschung, nicht früher nachgelegt zu haben – und somit schon vor dem Kracher am Donnerstag gegen England unter Druck zu stehen. „Drei Punkte wären eine andere Geschichte gewesen“, gab auch Eriksen selbst zu. Trotzdem sagte der „Man of the match“: „Dieses mal ist meine Geschichte zum Glück eine andere als letztes Mal.“

Dänemark hatte die Partie über weite Strecken im Griff gehabt, aber verpasst, die Führung auszubauen. Der Ausgleich hatte sich abgezeichnet. Dabei hatte die Mannschaft von Kasper Hjulmand so gut begonnen. Ein Warnschoss von Benjamin Sesko, dem Leipziger im slowenischen Trikot – dann antwortete Eriksen höchstpersönlich. Die Freude über ein erstes Turniertor ist immer groß, vor allem wenn man sich Ähnliches ausgerechnet hat wie den Halbfinal-Einzug 2021 und groß träumt. Die Freude über diesen Treffer aber sprengte jede Dimension. Auf dem Rasen und auf den Rängen.

Schon um 17.21 Uhr hatte es ohrenbetäubenden Lärm im umgebauten Heimstadion des VfB Stuttgart gegeben. Für die Dänen, aber vor allem für Eriksen in seinem ersten EM-Spiel seit jenem schicksalshaften 12. Juni 2021. Im ersten Gruppenspiel war dem 32-Jährigen bekanntlich das Herz stehengeblieben; gestern, drei Jahre und vier Tage später, schoss er das erste Turniertor. Uforståelig, wie die Dänen sagen: Unfassbar! Genau wie die Tatsache, dass Eriksen omnipräsent war. „Er ist ein Naturtalent, das Herzstück unserer Mannschaft. Ich habe nie an ihm gezweifelt“, sagte Coach Hjulmand. Denn man fragte sich schon, warum Erik ten Hag ihn in der Rückrunde bei Manchester United fast nur auf der Bank schmoren ließ. Er trat Ecken, Freistöße, er übernahm die Kommunikation und er war der Dreh- und Angelpunkt, mit dem Dänemark lange auch die slowenischen Angriffsphasen überstand. Bis eben Janza kam – und der Kitsch vorbei war. HANNA RAIF

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