Mittelstädt: Völlig losgelöst

von Redaktion

Erstes EM-Spiel: Maximilian Mittelstädt gegen Schottland. © Charisius/dpa

Stuttgart – Neulich war Maximilian Mittelstädt mal wieder in der alten Heimat. Er hat seinem Förderer Pal Dardai Rotwein in Berlin vorbeigebracht. Eine Flasche aus Stuttgart mit dem Emblem des VfB drauf, und eine ganz besondere Flasche aus Ungarn, dem Heimatland seines ehemaligen Hertha-Trainers. „Die habe ich extra besorgt.“ Natürlich trägt der Verteidiger seine Geburtsstadt Berlin nach wie vor im Herzen, aber zur Boomtown ist für den 27-Jährigen im Sauseschritt Stuttgart geworden. Er schaffte es binnen eines Jahres vom Ersatzspieler des Absteigers Hertha zum Nationalspieler beim Vizemeister VfB. „Ein bisschen surreal“, sagt Mittelstädt.

An diesem Mittwochabend (18 Uhr/ARD, Magenta) gegen Ungarn wird er sein sechstes Länderspiel absolvieren. In der Stuttgarter Fußballarena. Bei der Europameisterschaft im eigenen Land. Wenn Deutschland das Finale erreichen sollte, in Berlin, im Olympiastadion, dann, sagt Mittelstädt, „wäre das ein Traum“. Es ist eines dieser Fußballmärchen, die sich lohnen, erzählt zu werden.

Es war kein kleiner Schritt, es war sogar ein sehr großer Schritt, aber „es war dann der absolut richtige Schritt, zum VfB zu gehen“, sagt er. Der Neue fügte sich nach ein paar Anlaufschwierigkeiten prächtig ein, derart prächtig, dass im Januar Julian Nagelsmann seine Handynummer wählte und ihm sagte, dass er ihn auf dem Schirm habe. Mittelstädt selbst schätzt es so ein: „Ich habe mich in vielen Bereichen verbessert. In den Jahren davor war ich auch mal für ein unnötiges Foul bekannt und habe auch mal einen Elfmeter verschuldet oder eine unnötige Gelbe Karte gesehen.“

Es hat sich vieles wunderbar gefügt. Im zweiten Länderspiel, in Frankfurt gegen die Niederlande, unterlief ihm gleich am Anfang ein böser Fehler, der zum 0:1 führte. Das Schicksal, das Spielglück und sein Können meinten es dann aber gut mit ihm. Es dauerte nicht lange bis zum Ausgleich, Torschütze Mittelstädt, Linksschuss aus 18 Metern in den Winkel. Nach diesem Treffer wurde von der Stadionregie erstmals die deutsche Torhymne „Major Tom“ eingespielt. Seine Kadernominierung gab Interpret Peter Schilling bekannt. Da wird einer gerade vom Glück geküsst. Dazu passt, dass es nicht lange gedauert hat, ehe er zum neuen Stammplatz auf dem Spielfeld auch einen neuen Stammplatz im Leben fand. Er berichtet freimütig darüber. Seine Freundin heißt Lea Prinz und ist fast so berühmt wie der Profi selbst. Unterwegs im Netz als Influencerin („Fashion, Beauty, Lifestyle“) bei Instagram, zeigt sie sich dort auch regelmäßig mit ihrem Freund und gibt den Followerinnen kluge Tipps wie diesen: „Nagelöl ist sehr wichtig für eure Nägel.“

Mittelstädt galt als großes Talent, spielte in der Jugend „Europameisterschaften und eine Weltmeisterschaft“. Kein Vergleich zu dem, was er jetzt erlebt. Er fühlt sich völlig losgelöst. JAN-CHRISTIAN MÜLLER

Artikel 1 von 11