EM DAHOAM

Die fliegenden Laptops von München

von Redaktion

Der neutrale Journalist ist in Deutschland zum Glück weit verbreitet. Natürlich gibt es sie, diejenigen, die unter den Tischen auf der Pressetribüne bei einem Tor der persönlich präferierten Mannschaft mal kurz die Faust ballen – und es gibt sie freilich bei Spielen der deutschen Nationalmannschaft im Rahmen eines Heim-Turniers mehr als an einem stinknormalen Bundesliga-Spieltag. Und trotzdem hält sich der Nationalstolz auf der Pressetribüne im hochprofessionellen Rahmen. Die Arena in München kennt nur gesittete Sportreporter – bzw.: kannte sie. Denn seit Montagnachmittag ist alles anders, was vorher als Standard galt. Ich sag mal so: Als Nicusor Stanciu die Rumänen per Distanzschuss in Führung brachte, hüpfte mein Laptop kurzerhand in die Luft. Nicht ein Mal, nicht zwei Mal, nein, mindestens zehn Mal hob das gute Ding ab, weil unser Nebensitzer sich derart über den Treffer freute, dass er für 30 Sekunden Hardcore-Fan war. Die Fäuste trommelten auf die Tische, dass man wirklich Angst um die Platten haben musste. Und wir waren immerhin so schlau, nach den weiteren beiden Treffern in Windeseile auf „Speichern“ zu drücken. Nicht dass der Computer noch vollkommen abhebt, völlig losgelöst und so. Die gute Nachricht: Das Material hat überlebt. Und stand gut verpackt in der Laptoptasche, als wir in der Mixed Zone und auf der Pressekonferenz wieder staunten. Als Spieler und Trainer auftraten, gab es erstmal Standing Ovations. Und die meisten Fragen wurden eingeleitet mit: „Danke für den Sieg!“ Am besten fasst man all das unter dem Sprichwort „andere Länder, andere Sitten“ zusammen, als die Neutralität infrage zu stellen.

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