Im Hemd: Nagelsmann. © Imago
In der Nacht vor dem zweiten EM-Gruppenspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Ungarn ging es wild zu – und das ausgerechnet vor dem Teamhotel der DFB-Elf in der Nähe des Hauptbahnhofs. Sowohl türkische als auch portugiesische Anhänger feierten die Siege ihrer Teams lautstark mit einem Autokorso inklusive Hupkonzert. Kurioserweise hatte Bundestrainer Julian Nagelsmann wenige Stunden zuvor die deutschen Fans in die Pflicht genommen und sich noch etwas mehr Euphorie von den Rängen gewünscht, als es bei der 5:1-Eröffnungsgala gegen Schottland in München der Fall war. „Besser geht immer, das ist wie bei uns im Spiel auch“, sagte der 36-Jährige und ergänzte: „Die latente Skepsis, wie das Spiel so läuft, hat man manchmal gespürt.“
Leidenschaft und Laufbereitschaft
Die Zweifel dürften nach dem Auftritt gegen die ungarische Auswahl zwar noch nicht gänzlich verflogen sein, weil der Erfolg mehr harte Arbeit als fußballerischer Augenschmaus war. Das stört aber nicht, denn die Mannschaft um Kapitän Gündogan begeisterte trotzdem – nur eben auf eine andere Art. Viel Zeit für Zaubereien blieb gegen die kernigen Ungarn nicht, stattdessen kämpfte sich die DFB-Auswahl mit Leidenschaft, Laufbereitschaft und Zweikampfhärte in die Partie. Es ist nicht all zu lange her, da wäre die DFB-Elf angesichts der massiven gegnerischen Gegenwehr eingeknickt, wenn es nicht von Anpfiff an flüssig gelaufen wäre. Doch so war der Sieg am Ende doch souverän – und hochverdient.
Der Bundestrainer kündigte an, dass der Schottland-Knaller kein „einmaliger Auftritt“ gewesen sein soll: „Es ist schon ein Projekt, das wir haben bei der EM. Und da bringt es uns nichts, nur das Eröffnungsspiel zu gewinnen und danach die Handbremse reinzuhacken.“ Daher schickte Nagelsmann die identische Startelf wie vergangenen Freitag auf den Rasen – und das hatte freilich eine Signalwirkung. Anders als Vorgänger Hansi Flick will Nagelsmann die Spielweise seiner Mannschaft nicht am Gegner orientieren. Er will, dass sich die Kontrahenten dem deutschen Spiel unterordnen. Mia san mia in Reinform. Selbst wenn es – wie am Mittwochabend in Stuttgart – zwischenzeitlich auch mal brenzlig wurde: Die DFB-Auswahl soll den Ton angeben. Komme, wer wolle.