Erster werden – trotz Spanien

von Redaktion

Siegen statt taktieren: DFB-Elf will gegen die Schweiz Zeichen setzen

Es lauert die Gelbe Gefahr: Antonio Rüdiger ist wie zwei seiner Abwehrkollegen und Robert Andrich vorbelastet. © dpa

Kein bisschen nachlassen: Julian Nagelsmann will auch gegen die Schweiz einen Sieg von Musiala und Co. sehen. © AFP/DAMIEN MEYER

Baustelle Standards: Die Freistöße (hier mit Sané und Kroos) sollen gefährlicher werden. © dpa/Federico Gambarini

Herzogenaurach – Ein Journalist aus der Schweiz stoppte mit: 23 Minuten lang war die Pressekonferenz des DFB am Freitag schon im Gange – und der Name seines Landes war kein einziges Mal gefallen. Die Schweiz ist der nächste Gegner am Sonntag (21 Uhr) in Frankfurt, sie ist nicht irgendwer, sie steht in der Weltrangliste über Deutschland, mit ihren Bundesligaspielern befindet sich die eidgenössische Mannschaft in einer Art Derby-Beziehung zum EM-Heimteam – und obwohl die deutsche Auswahl ihren Platz im Achtelfinale schon sicher hat, so ist doch noch die Frage zu klären, ob sie von Gruppenplatz eins oder zwei in die K.o.-Phase des Turniers geht.

Erwischt. In Deutschland herrscht eine (auch mediale) Stimmung, die ein Trainer in seiner Mannschaft nicht aufkommen lassen darf: Dass es jetzt einfach so weitergeht, dass man von der Begeisterung getragen wird, das Achtelfinale eigentlich auch Formsache ist und der Ernst des Lebens, wenn es ihn diesen Sommer überhaupt geben sollte, erst im Viertelfinale wartet. Da sieht es nach derzeitiger Vorrundentabellenkonstellation stark nach Spanien aus. „Die Spanier sind gut dabei, sie spielen attraktiven Fußball“, fasst Chris Führich die Eindrücke aus der Mannschaft zusammen, die fast ständig Fußball guckt „und analysiert“.

Man könnte Spanien, dieser unverschämt talentierten Truppe, mit einer Niederlage elegant ausweichen – doch das sind Überlegungen der Theoretiker und Couch-Potatoes vor den Bildschirmen, der deutschen Mannschaft liegen sie fern. Sie will im Fluss bleiben, ihre Lust bewahren, noch stabiler werden. Sie will einfach gut sein. „Erfolg ist kein Glück“ vom Rapper Kontra K wurde in die Musikliste aufgenommen, die vor dem Spiel läuft. Das passt. Bundestrainer Julian Nagelsmann hat den Gruppensieg, für den sogar ein Unentschieden reichen würde, zum Ziel ausgerufen. „Platz eins wäre ein Zeichen nach innen und außen.“

Er wird die Aufstellung nicht verändern. Obwohl es sich anböte, in der Abwehr Vorsicht walten zu lassen. Drei Viertel der Defensivkette sind mit einer Gelben Karte belastet, Maximilian Mittelstädt, Antonio Rüdiger, Jonathan Tah. Da schon das Reklamieren beim Schiedsrichter als Nicht-Kapitän – bislang eine geduldete Macht der Gewohnheit, nun verboten – eine Verwarnung eintragen kann, ist die Gefahr greifbar, dass sich einer das Gelb abholt, das ihn im Achtelfinale in den Gesperrt-Status versetzen würde. Oder, und das kann in Frankfurt passieren: Unglückliches Hineinrutschen in einen Gegenspieler. Der Rasen in der Arena galt schon in der Bundesliga als Problemfall und ist es bei der EM geblieben. „Extrem seifig, geht schnell kaputt“, charakterisiert Chris Führich den Untergrund. Antonio Rüdiger erklärt jedoch: „Ich bin bereit, trotz Gelb.“

Besser werden muss die Mannschaft bei den Standards. Bei der EM hat sie das bisher einzige Tor aus einem gegnerischen Freistoß bekommen, selbst indes noch nicht für große Gefahr aus Ecken, Einwürfen oder vom Anstoß weg gesorgt. Der dafür zuständige Trainer Mads Buttgereit wurde von Nagelsmann bereits als leicht konsterniert wahrgenommen. Am Freitag war wieder Standardspezialtraining. Deniz Undav meint: „Wir hatten gegen Ungarn zwei, drei Chancen aus Situationen, die wir eingeübt haben. Mads stellt immer seine Idee vor, wir können Input geben.“ Ergebnisdruck gebe es aber nicht, so Undav. „Man muss nicht in jedem Spiel ein Standard-Tor machen.“ Er erinnert aber gerne an den Treffer von Florian Wirtz nach acht Sekunden beim Test in Frankreich im März. „Das war seine Idee“, die von Buttgereit. GÜNTER KLEIN

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