Die Segnungen der neutralen EM-Toilette

von Redaktion

TAGEBUCH

Nicht allen Lesenden, pardon: Lesern, wird das gefallen. Bei dieser EURO gibt es in einigen deutschen Stadien eine „All Gender Toilet“, also eine „Geschlechtsneutrale Toilette“. Ich stand am Sonntagabend in der Frankfurter Arena vor einer solchen – und zögerte für einen Moment, weil ich damit im Umfeld des Fußballs nicht gerechnet hatte. Aber eigentlich ist doch die geschlechtsneutrale Toilette eine absolute Alltäglichkeit. Mir ist jedenfalls kein Privathaushalt bekannt, in dem es ein Damen- und ein Herren-Klo gäbe. Und nun erleben wir das halt auch im öffentlichen Raum.

Die „All Gender Toilet“ ist ein Gewinn für alle, davon konnte ich mich überzeugen. Ein massenhaft besuchtes Männer-WC ist ein denkbar unwirtlicher Ort, in dem sich an Urinalen gedrängelt, albernes Wettpinkeln auf die Zielfliege veranstaltet wird – unterlegt von Gesprächen, die mehr genital als genial sind. Zudem gibt es die Spezialisten, die das Häuschen aufsuchen, es aber nicht absperren und lieber „Besetzt“ bellen oder ihren breiten, ablehnenden Rücken die Ansage treffen lassen. Das alles gibt es auf der Einheitstoilette nicht.

Still werden Geschäfte verrichtet, korrekt wird sich angestanden vor den Zellen. Man agiert schnell, hinterlässt die Örtlichkeit sauber, und die Männer neigen dazu, sich abschließend die Hände zu waschen. Mit Seife! Die Anwesenheit von Frauen bewirkt eine Verbesserung geistiger und körperlicher Hygiene. Der Fortschritt für die Ladies besteht darin, dass sie nicht die wenigen für sie vorgesehen Toilettenanlagen suchen müssen, die in manchen Sportstätten so schwer zu finden sind wie das Bernsteinzimmer. Sie können nun überall gehen und müssen nicht mehr entwürdigend Schlange stehen.

„All Gender“ heißt übrigens auch: mehr Geschlechter als Mann und Frau. Auf den Schildern ist eine dritte Figur abgebildet, die ihren rechten Arm gerade am Körper hält wie der Toiletten-Mann und den linken angewinkelt wie die Frau. Die Grafik-Branche wird an diesem Thema noch zu arbeiten haben.

Und damit verlassen wir die Sanitäranlagen. Vielleicht werden manche schimpfen: Das war aber eine Kack-Kolumne heute. Stimmt.

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