TAGEBUCH

Der Zeitreisende im Firmen-Gym von Herzo

von Redaktion

Die deutsche Nationalmannschaft ist in Herzogenaurach Gast von Adidas, sie wohnt direkt auf dem Firmengelände. Dort steht auch das Medienzentrum, das sehr offen und einladend gestaltet ist – doch natürlich dürfen wir Externen nicht überall rumspazieren; vieles ist geheim und bleibt uns verschlossen. Doch eine Tür hat sich nun geöffnet: Mit einer EM-Akkreditierung ist es möglich, das Gym der Belegschaft zu nutzen.

„H2O Gym“ lasen wir zunächst auf der Fassade, es heißt aber „Herzo Gym“. Es ist ein schwarz-gläserner Quader, durch die Scheiben sind die Umrisse von Leibesertüchtigungsmaschinen zu erkennen. Adidasler halten ihre Chipkarte an einen Sensor, wir müssen klingeln. Jemand vom Staff kommt, begrüßt uns, weist uns ein.

Selbstverständlich gibt es in diesen heiligen Hallen eine Kleideretikette. Man trägt die Hausmarke – oder kommt neutral. Doch was ist heutzutage noch neutral? Klar, vor allem Nike ist – wohl mittlerweile deutlich vor Puma – der Hauptfeind. Aber würden Schuhe von Brooks, ein Shirt von Under Armour oder eine Hose von Asics Anstoß erregen?

Wer eine Einladung annimmt, provoziert nicht, der schmeichelt – und deswegen hatte ich mich auf diese Herzo-Tour zwischen letztem deutschen Gruppenspiel und Achtelfinale vorbereitet. Mit dem von Adidas gestellten Sport-Scheck-Münchner-Stadtlauf-Shirt von 2001 und einem Paar Adidas Torsion, original von 1985. Damals als Laufschuh gekauft, für nicht dämpfend genug befunden und zum Hausschuh umgewidmet. Ein Museumsstück, ein Original, als es noch keine Originals-Kollektion gab. Normal müssten die Menschen jetzt aus ihren Büros strömen und mich, den Zeitreisenden, bestaunen.

Ich falle niemandem auf. Trainiere also still vor mich hin. Selbstverständlich ist das Gym fabelhaft. Auf dem Fahrradbildschirm kann man neben der Kalorienverbrennung das Handelsblatt lesen, diverse Geräte stellen sich elektrisch ein, es gibt Raum um Raum, sogar eine Crossfit-Hölle. Toll. Mit der Routine aus 15 Jahren Klitschko-Berichterstattung verdresche ich in Linksauslage einen Box-Dummy und entdecke dann noch einen Schwimm-Ergometer (!). Ungeheuerlich innovativ.

Ich muss wiederkommen. DFB, bitte bleibe im Turnier.

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