Es ist immer das Gleiche bei den großen Fußballturnieren: Wir haben noch eine lange Wegstrecke vor uns, über zwei Wochen bis zum Finale, doch schon jetzt überkommen uns die Gefühle des wehmütigen Good-byes. Weil Teams abreisen mussten und man das aus den unterschiedlichsten Gründen bedauert: Die berockten Schotten sorgten für angenehme zwischenmenschliche Begegnungen, den Ukrainern trauert man nach, weil man ihnen in diesen für sie so schweren Zeiten gewünscht hätte, dass sie in die Trümmer der Heimat Signale der Aufmunterung senden können. Dass man letztlich punktgleich mit dem Gruppensieger ausscheiden muss, ist eine fiese Volte der Tabellenarithmetik. Der Modus, mit dem aus 24 Mannschaften 16 ermittelt werden, ist in diesem speziellen Fall aber unschuldig.
Das Gute an den K.o.-Spielen ist, dass man sich die Rechnerei in diversen Kategorien wie zuletzt im Gelbe-Karten-Fernduell zwischen Dänemark und Slowenien sparen kann, ab jetzt ist ein Sieg ein Sieg und ein lautes Halleluja und eine Niederlage in den meisten Fällen ein Fanal. Allenfalls Georgien und Slowenien und wohl auch Slowakei und Rumänien sind von der Bürde befreit, mit der festen Viertelfinal-Erwartung ihres Anhangs umgehen zu müssen. Bei manchen Teilnehmern ist absehbar, welche Wellen ein Ausscheiden schlagen wird. Aus der objektiven Distanz kann man tippen, dass die Türkei gegen Österreich verlieren wird, aus der Erfahrung wissen wir, dass in der Türkei aber kein Mensch davon ausgeht, dass das eintreten wird. Es wird also emotional werden, auf besondere Weise unterhaltsam.
Vier Tage lang gibt es wieder Fußball satt mit den Achtelfinals. Wir wollen uns jetzt notieren, welche Fragen uns beschäftigen – damit wir später zurückblicken und für die Turniere der Zukunft lernen können. Kann man schlagartig in Form kommen (England), findet man, wenn es sein muss, das gegnerische Tor wieder (Frankreich), war es ein gutes Zeichen, dass man sich mit dem denkbar spätesten Nachspielzeit-Treffer überhaupt unter die besten 16 gerettet/gemogelt hat (Italien), hält der Geheimfavorit sein Potenzial erneut unter Verschluss (Belgien)?
Oder: Erleben wir ein Finale mit zwei deutschen Trainern? Nagelsmann gegen Rangnick, Deutschland gegen Österreich, wie 2004 ein Endspiel des Gastgebers (damals Portugal) gegen einen Außenseiter (Griechenland), wird Rangnick zum Rehakles? Gemach, gemach, wir überhitzen gedanklich gerade. Nächste Woche soll es kühler werden. Guenter.Klein@ovb.net