Tricks vom Elfmeter-Forscher

von Redaktion

Experte erklärt, wie sich die Erfolgsaussichten vom Kreidepunkt steigern lassen

Gut geschossen! Havertz traf im Eröffnungsspiel gegen Schottland, es war der bislang einzige Elfmeter für Deutschland bei der EM. © dpa

Elfmeter sind sein Spezialgebiet: Professor Geir Jordet.

Dortmund – Wenn die DFB-Elf an diesem Samstag gegen Dänemark ins Achtelfinale startet, beginnt die heiße Phase des Turniers. Jeder Sieg bedeutet ein weiterer Schritt Richtung Titel, jede Pleite kann den Traum beenden – und ein Unentschieden wie zuletzt gegen die Schweiz würde von nun an Verlängerung und ein mögliches Elfmeterschießen bedeuten. Zuletzt musste Deutschland im Viertelfinale der Europameisterschaft 2016 vom Punkt ran, danach blieb sie vor dieser Extremsituation verschont. Worauf kommt es beim Elfmeterschießen an? Wir erklären, wie Julian Nagelsmann sein Team vorbereiten muss.

Klare Reihenfolge der Schützen festlegen

Sollte es zur Entscheidung vom Punkt kommen, muss der Bundestrainer schon im Vorhinein mit seinem Trainerteam besprochen haben, welche Schützen in welcher Reihenfolge antreten – und sich auf keinen Fall erst entscheiden, wenn das Elfmeterschießen unmittelbar bevorsteht. „Als Anführer muss man in Extremsituationen die volle Kontrolle haben, man darf keine Fragen stellen, man muss klar in der Ansprache sein“ sagte der Elfmeter-Forscher Geir Jordet zuletzt dem Magazin „11Freunde“. Der Norweger lehrt als Professor an der „Norwegian School of Sports Science“ und untersucht hauptberuflich Elfmeterschießen. Seine Forschung ergab, dass bei der WM in Katar alle Teams als Sieger vom Platz gingen, deren Trainer weniger Zeit für die Anweisungen vorm Schuss brauchte. Demnach soll eine klare klare Kommunikation das Selbstbewusstsein der Schützen stärken und letztendlich zum Erfolg führen – dabei hilft sogar das exzessivere Jubeln nach eigenen Treffern.

Schüsse auf die Tormitte vermeiden!

Es wirkt verlockend: Weil Torhüter häufig in die Ecken springen, bietet sich ein Schuss in die Mitte an. Aber: Laut UEFA-Statistik ist die Zahl der Fehlschüsse bei Versuchen in die Mitte deutlich höher, als bei Schüssen ins Eck. So werden normalerweise knapp Dreiviertel aller Schüsse verwandelt (76 Prozent), beim Anvisieren der Mitte aber nur knapp die Hälfte (48 Prozent). Als Grundlage dafür wertete die UEFA alle Elfmeter in der Champions League zwischen der Saison 2007/08 bis zur Spielzeit 2013/14 aus. In der Königsklasse herrscht auf dem Schützen teils ähnlich hoher Druck wie bei Turnierendrunden – eine mögliche Erklärung dafür, warum Spieler zentral über das Tor schießen oder Torhüter darauf spekulieren, dass der Schütze keinen präzisen Schuss ins Eck wagt. Kurios: In diesem Zeitraum schnitten Rechtsfüße (78 Prozent) deutlich besser ab als Linksfüße (63 Prozent).

Immer zuerst schießen!

Es liegt zunächst in der Hand des Münzwurfs, aber: Sollte die DFB-Elf bei der Platzwahl gewinnen, darf sie nicht den Fehler machen, vor der eigenen Kurve schießen zu wollen und dafür den Gegner beginnen zu lassen. Es mag zwar reizvoll sein, vor den Heim-Fans zu schießen und durch das Nachziehen mit einem eigenen Treffer zum Sieg zu kommen – allerdings ist es wesentlicher unwahrscheinlicher: Die zuerst antretende Mannschaft gewinnt 60 Prozent aller Elfmeterschießen. Auch bei den einzelnen Schüssen macht es einen Unterschied, ob man anfängt oder nachzieht. Die Trefferwahrscheinlichkeit bei positiven Schüssen (Versuche, mit denen man etwas gewinnen kann) liegt 17 Prozent höher, bei negativen Schüssen (Versuche, die im Falle eines Fehlschusses zur Niederlage führen) 45 Prozent niedriger als normal. Heißt: Der Druck sorgt für Fehler – als erster Schütze ist er aber etwas geringer. VINZENT TSCHIRPKE

Artikel 1 von 11