ZUM TAGE

Okay – aber noch nicht das Ziel

von Redaktion

DFB-Team im Viertelfinale

Viertelfinale – man hat ja schon fast vergessen, wie das ist. 2016 war das letzte Mal, dass die deutsche Nationalmannschaft bei einem großen Turnier so weit kam (den mit nur acht Teams besetzten Confed Cup von 2017 mal ausgenommen). Es gibt Kinder in Deutschland, die eingeschult sind, lesen und schreiben können und noch nie einen dieser Sommer erlebt haben, in denen man für Fußball lange aufbleiben darf. Aber gut, nun ist es ja vollbracht, die Nation wird ein paar Tage des Vorglühens auf ein großes Spiel erleben.

Vor der Europameisterschaft war das Erreichen des Viertelfinales der Standard bei der Formulierung einer Zielsetzung gewesen. Aber natürlich hatte niemand das konkrete Turniertableau vor Augen. Viertelfinale, das klang halt nach nicht in der Vorrunde abgeschmiert und nach Steigerung gegenüber 2021, als die Achtelfinal-Niederlage in England verhinderte, dass man das deutsche Abschneiden als Erfolg hätte werten können. Viertelfinale, Top Acht – es steht für „Damit kann man leben“.

2024 ist die EM dabei, für den deutschen Fußball zum Erfolg zu werden. Es hat sich gezeigt, dass der Bestand an Spitzenpersonal gut genug ist, um die unbestreitbaren strukturellen Defizite für bestimmte Momente zu überspielen. Es wurde bewiesen, dass eine deutsche Nationalmannschaft immer noch eine mythische Kraft hat, um vor ihren Gegnern größer zu wirken, als sie eigentlich ist. Und man erkennt dieser Tage auch die Stabilität und Breite der deutschen Fußball-Basis. Das „Schland-Publikum“ ist im Lande unterwegs, die kritisch gewordene Vereinsszene solidarisiert sich mit dem Verband. Es geht wieder was. Die Sorge, das Interesse am Fußball könne flächendeckend nachlassen, ist unbegründet. Die Kraft dieses Sports ist nach wie vor enorm.

In den kommenden Tagen werden die Ansprüche aber erhöht werden. Denn die Vorstellung, wie sich ein Turnier gestalten kann, werden mit jedem Tag und jeder K.o- oder Siegentscheidung konkreter. Und da kann ein Viertelfinale, das vor Wochen noch bedingungslose Zufriedenheit ausgelöst hätte, für manchen doch noch zur leichten Enttäuschung werden.

Für die Beteiligten ist das Erreichen des Viertelfinales jedoch nie ein offizieller Maßstab gewesen. Denn wenn es ein Ziel und somit Endpunkt wäre, hieße es ja, dass man verlöre und ausschiede. Will keiner – auch nicht im Halbfinale. Guenter.Klein@ovb.net

Artikel 1 von 11