„So ist der VAR lächerlich“

von Redaktion

Heftige Kritik vor allem von dänischer Seite – Konfliktfall „Handball“

Kasper Hjulmand, Dänemarks Trainer, im Zwiegespräch mit Schiedsrichter Michael Oliver. © IMAGO

Dortmund – Es war kein Bundesligaspiel, sondern ein Länderspiel, da ist das Publikum ein anderes – man merkte es in den Momenten, in denen eine Entscheidung nach Intervention des Video Assistant Referee (VAR) anstand. Bei einem Match um Ligapunkte wäre in beiden Fankurven der Protestgesang angeschwollen: „Und ihr macht uns‘ren Sport kaputt.“ Als bei Deutschland – Dänemark innegehalten wurde, herrschte gespanntes Schweigen auf den Tribünen. Und als zwei wesentliche Entscheidungen zu Gunsten der DFB-Elf fielen, brach Jubel aus.

Die Dänen fühlten sich benachteiligt. Kasper Hjulmand, der sonst ausgeglichene Trainer, der den Prinzipien des Hygge-Lebens folgt, regte sich für seine Verhältnisse über die Maßen auf. Schon während der Partie sah er die Gelbe Karte, hinterher war er richtig sauer. Zu den Fernsehinterviews brachte er sein Smartphone mit, auf dem er im Standbild festgehalten hatte, dass die Aberkennung des eigentlichen Führungstreffers in der 48. Minute durch Joachim Andersen nicht hätte erfolgen dürfen. Es ging um eine Abseitsstellung durch Tom Delaney, den ehemaligen Dortmunder, in der Entstehung des Tores. „Ich weiß es von den statistischen Daten“, dozierte Hjulmand, „dass man den Zentimeter nicht genau bestimmen kann, wann der Ball den Körper verlässt. Man kann dann nicht eine solche Zentimeterentscheidung treffen.“ Es ging letztlich um die Fußspitze, die Schuhgröße, so knapp war es. Julian Nagelsmann meinte, wäre er der Betroffene, würde er sich wohl auch aufregen. „Aber Abseits ist eine faktische Entscheidung, auch wenn es knapp ist.“ Und technisch eben aufschlüsselbar. Und bisweilen sei nicht die jeweilige Auslegung das Problem, sondern die Regel. Womit man beim zweiten Fall wäre. „Dieser Handball“, sagt Hjulmand.

Wieder war Joachim Andersen beteiligt, nun nicht als Torschütze, dessen Erfolg wieder einkassiert wurde, sondern als Akteur, dem nachträglich etwas angehängt wurde. Und zwar auch erst, als alle schon dabei waren, weiterzuspielen. Hallo, hier ist der VAR. Er sezierte, dass Andersens Unterarm Kontakt mit dem von David Raum geflankten Ball hatte. Kasper Hjulmand kommentierte: „Man hat uns gesagt, der Verteidiger solle nicht die Hände hinter den Rücken nehmen“, bezog sich Dänemarks Coach auf die kurz vor der EM durch die UEFA erfolgte Regelschulung. „Dann war die Handbewegung auch nicht unnatürlich.“ Auf eben diesen Tatbestand lautete aber die Enscheidung von Referee Michael Oliver aus England. Hjulmand: „Der Schuss erfolgt aus einem Meter. Ich spreche normal nicht über den VAR – doch es ist lächerlich, wenn man ihn so benutzt.“

Auch die Gegenseite war nicht zufrieden. Julian Nagelsmann monierte die Aberkennung des ersten Tores durch einen Nico-Schlotterbeck-Kopfball. Es wurde ein zu harter Körpereinsatz von Joshua Kimmich identifiziert. „Das war ein Block, kein Foul“, sagte der Bundestrainer. Und noch eine Entscheidung gab es gegen die Deutschen:

„Ich bin zwiegespalten“, erklärt DFB-Kapitän Ilkay Gündogan zur ganzen VAR-Causa. Vor allem beschäftigt ihn die Handspiel-Problematik. „Das ist manchmal hart und sicher nicht im Sinne des Fußballs.“ GÜNTER KLEIN

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