Zwei sachliche deutsche Außenverteidiger warten auf ihre Gegner: David Raum, Joshua Kimmich. © IMAGO
Zwei Jungstars, die Europa verzaubern: Lamine Yamal und Nico Williams ziehen die Blicke auf sich. © IMAGO
Herzogenaurach – Viertelfinale, Deutschland, der Turniergastgeber, gegen Spanien, das Team, das bislang am souveränsten aufgetreten ist und auch die wackeren Georgier gnadenlos auseinandergenommen hat. Es wird von einem vorweggenommenen Endspiel gesprochen. „Es wird ein harter Brocken – für beide“, so schätzt Joshua Kimmich das ein. Und wenn man die Deutschen fragt, ob sie Spanien so früh lieber vermieden hätten, sollte man sich auch auf der Gegenseite erkundigen, „ob die sich so freut, uns zu kriegen“. Am Freitag um 18 Uhr wird die deutsche Nationalmannschaft in den Modus der absoluten Entschlossenheit wechseln, kündigt Kimmich an: „Es geht nur ums Gewinnen, nicht darum, eine Entwicklung zu erzielen. Dafür werde ich alles geben.“
Joshua Kimmich und David Raum berichteten am Montag aus dem Innenleben des Teams, sie waren die richtigen Gesprächspartner, weil der Glanz des Viertelfinal-Kontrahenten vor allem von den beiden Außenstürmern ausgeht, auf die Kimmich und Raum direkt treffen werden. Sind sie gut genug, um den noch 16-Jährigen Lamine Yamal vom FC Barcelona und Nico Williams (21) von Athletic Bilbao aufhalten zu können? Kimmich hat einen Schatz an internationaler Erfahrung, doch ist eigentlich Mittelfeldspieler; als rechter Verteidiger sah er mit dem FC Bayern in der Champions League gegen den Brasilianer Vinicus jr. von Real Madrid nicht immer gut aus. David Raum aus Leipzig hat ursprünglich eine offensivere Rolle gelernt, seine Stärke liegt weiterhin im Spiel nach vorne, in der Präzision seiner Flanken.
Kimmich und Raum sind sich im Herzogenauracher Homeground als Zimmernachbarn in einer der Wohneinheiten nähergekommen, im Orga-Büro verfolgten sie gemeinschaftlich das 4:1 der Spanier und warfen einen Blick auf die Flügelzange. „Brutale Qualität“, meint Raum über Yamal, „aber am Ende ist auch er knackbar. Solche Spieler wünscht man sich gegen einen, denn gegen diese Dribbler kann man zeigen, was man draufhat“. Raum war gefragt worden, ob der Angstschweiß bei ihm ausbreche. Er hob demonstrativ die Arme, um seine trockenen Achseln zu zeigen. Das T-Shirt war fleckenfrei. „Und es wird auch kein Angstschweiß dazukommen. Wir sind selbstbewusst und werden alles versuchen, dass die Spanier vor uns Angst bekommen.“
Was die beiden deutschen Außenverteidiger schon analysiert haben: Williams und Yamal ziehen oft nach innen, um ihren starken Fuß auszuspielen. „Das heißt, man muss die Mitte zumachen“, erklärt Kimmich. „Da können ein Sechser oder die Innenverteidiger helfen.“ Alt sähen Kimmich (29) und Raum (26) aus, falls ihnen die Spanien-Youngster an der Außenlinie enteilen. „Danach kommt dann keiner mehr“, so Kimmich.
Wer kann dem Gegner welche Seiten seines Spiels aufzwingen? Darauf wird es am Freitag in Stuttgart hinauslaufen. Spanien brillierte mit Spielkunst, die DFB-Elf teilweise auch, doch die klarer zutage tretenden Faktoren waren „Dynamik, Mut, Wucht“. Deutschland spielte, wie man es von einer Heimmannschaft erwartet, Spanien wie ein Team, dem es egal sein kann, dass es Auswärtsstatus hat. Aber man ist sich auch ähnlich. Joshua Kimmich: „Beide Manschaften definieren sich über Ballbesitzfußball, Spanien wird es nicht gewohnt sein, auf einen Gegner zu treffen, der den Ball auch will.“ Ein heißer Tanz steht bevor. GÜNTER KLEIN