Von Franz Lambert zu Kontra K

von Redaktion

Musikalische Botschaft fürs DFB-Team: „Luft in der Lunge wird zu Benzin für die Maschine“

Besuchte die Nationalmannschaft: Rapper Kontra K. © dpa/Daniel Vogl

Herzogenaurach – Franz Lambert gibt es noch. Er ist 76, in seinem Kalender sind Termine bis Juni 2025 vorgemerkt, sogar in England wird es ein „Franz Lambert in Concert“ geben. Er war mal dick im Geschäft im großen Fußball. Der DFB lud ihn einige Male ein, die Nationalmannschaft mit seiner Hammondorgel zu bespaßen. Unvergessen bleibt, wie er 1978 in Argentinien im Quartier in Ascochinga (übersetzt: „Toter Hund“) aufspielte. Alles so lange her, dass eine Retrowelle ihn wieder ins Jetzt spülen müsste und in den Herzogenauracher Homeground. Der ist nicht frei von Anflügen von Lagerkoller. „Es ist eigentlich immer ein bisschen langweilig“, sagt der aktuelle Nationalspieler Nico Schlotterbeck. Aber musikalisch werden andere Pfade bestritten. Entscheidend ist, was die Mannschaft aus eigenem Antrieb zu ihrem Song macht.

2014 nahm sie an, was der Mainstream anbot: Helene Fischers „Atemlos“. Der Schlager war eine Ausnahme. In der Regel sind die Lieder, die sich festsetzen, Zufallsfunde, die über die Playlists der Spieler in Bus und Kabine geraten. Und immer wieder zeigt sich, dass die Spieler zugänglich sind, wenn sie in der Musik Botschaften entdecken. Das war 2006 so, als sich Xavier Naidoos „Dieser Weg wird kein leichter sein“ an allen offiziellen Songs vorbei in die Gehörgänge der Klinsmann-Truppe spielte. Sie erkannte in den Zeilen ihre Mission bei der Heim-WM wieder.

Planen kann man einen Hit nicht. Zur WM 2010 biederte sich der Berliner Rapper Bushido über seinen Kumpel Sami Khedira bei der Nationalmannschaft an. Die Intention von „Fackeln im Wind“ war nicht zu verbergen. Viel „Ole, ole“ und mühsam hingedrehte Zeilen wie „Wir holen uns den Pokal, Und das zum vierten Mal, Südafrika, wir kommen“ untergruben die „Street Credibility“, auf die einer wie Bushido sonst großen Wert legt. Der Titel floppte.

Als Deutsch-Rapper hat man aber gute Chancen in Fußballkreisen – wie sich nun an Kontra K zeigt. Der 37-jährige Berliner begeistert den EM-Kader gerade mit „Erfolg ist kein Glück“. Klingt wie eine Weisheit von Hermann Gerland (“Immer Glück ist Können“), wurde bereits 2015 geschrieben und hat keinen offiziellen Fußball-Bezug. Könnte aber genauso gut eine Trainer-Ansprache sein: „Da, wo sie scheitern, musst du angreifen, In einen höheren Gang schalten. Und auch wenn der Rest dann aufgibt, heißt es festbeißen, dranbleiben, anspannen und standhalten.“ Weitere Textbausteine lauten: „Ohne große Opfer gibt es keine großen Siege“, „Dein Wille macht das Fleisch auf deinen Knochen zu Beton“, „Mach die Luft in deiner Lunge zu Benzin für die Maschine“, „Erfolg ist kein Glück, sondern nur das Ergebnis von Blut, Schweiß und Tränen“.

Kommt an in der Fußballszene, in der die Selbstoptimierung auf allen Ebenen stattfindet. David Raum erzählt, „dass ich in Leipzig auf einem Konzert von Kontra K war. Ich habe seinen Texten wirklich zugehört“. Nun durfte er den Musiker kennenlernen, weil er die DFB-Kicker in ihrem „Homeground“ besuchte „und für uns was aufgemacht hat“, so Raum. Zum Privatkonzert gab es Kennenlerngespräche. Raum: „Cooler Typ.“ Joshua Kimmich lobte: „Seine Texte kommen über den positiven Ansatz, nicht wie so oft im Rap über Wut, Hass, Niedermachen. Sie sind keine Disstracks.“ Ein Thema war auch die nicht ganz unkriminelle Vergangenheit von Kontra K alias bürgerlich Maximilian Dien, vor zwei Jahren wurde gegen ihn wegen Cannabis-Handels ermittelt. Kimmich: „Sein Papa hat ihm dann gesagt: ,Du musst die Kurve kriegen.‘ Das hat er geschafft.“

Mittlerweile nutzt Kontra K die Verbindung zur Nationalmannschaft. Auf Spotify ist das bereits über 145 Millionen Mal gestreamte „Erfolg ist kein Glück“ mit frischen EM-Erfolgs-Bildern unterlegt. Die Musik, die den Sprechgesang begleitet, ist übrigens ziemlich konventionell. Viel Schmalz mit Streichern. Franz Lambert könnte das auch spielen. Immer noch. GÜNTER KLEIN

Artikel 1 von 11