„Die Deutschen sind ein harter Brocken“

von Redaktion

Spaniens Legende Joan Capdevila über das Giganten-Duell im Viertelfinale

Joan Capdevila stand beim spanischen EM-Sieg 2008 sowie dem WM-Triumph 2010 in der Startelf. Im Interview mit unserer Zeitung blickt der 46-Jährige auf das Gigantenduell zwischen Spanien und Deutschland.

Señor Capdevila, darf Spanien vom Titel träumen?

Träumen immer, aber mit dem Viertelfinale geht es jetzt erst richtig los. Nun beginnt die echte EM. Stellen Sie sich mal vor: Zunächst wartet Deutschland, bei einem Sieg müsste man dann auch noch Frankreich oder Portugal bezwingen, um ins Finale zu kommen. Aber die Hoffnung ist da. Und es lädt aktuell einiges zum Träumen ein.

Was gefällt Ihnen an der Selección am meisten?

Eigentlich alles. Was sie ausstrahlt, der Einsatz, die Art und Weise, wie sie 90 Minuten lang Druck macht, diese unbändige Erfolgsgier und die Lust, sich zu beweisen. Der Schlüssel liegt meiner Meinung nach am Spaß, den sie zusammen auf dem Platz haben. Fernab unserer Qualität ist diese Gruppe sehr gefestigt. Jeder akzeptiert seine Rolle, jeder will helfen. Das ist eine Menge wert.

Spielt dieses Spanien besser als Ihres beim Titel-Hattrick 2008, 2010 und 2012?

Es spielt anders. Sie haben sehr markante Flügelspieler, die wir so damals nicht im Team hatten. Was beide vereint, sind die langen Ballbesitzphasen, auch die Art, das Spiel dominieren zu wollen. Die Essenz ist dieselbe, es ist die DNA Spaniens. Aber Nico Williams und Lamine Yamal heben dieses Spanien nochmal auf eine andere Dimension. Und dann wäre da auch noch Rodri, der im Zentrum für das nötige Gleichgewicht sorgt. Diese Achse wird uns in Zukunft viele Erfolge einbringen – auch mit Blick auf die WM in zwei Jahren. Die Außenverteidiger schalten sich vorne gewinnbringend ein, in Morata verfügt die Mannschaft über einen guten Zielspieler und im Mittelfeld glänzen Hochbegabte wie Fabián oder Pedri.

Ist die Partie gegen Deutschland ein vorgezogenes Finale?

Das halte ich für überzogen. Für beide Mannschaften stehen im Optimalfall noch drei ungemein schwierige Spiele an. Und Deutschland spielt zu Hause, das kann sich beflügelnd auswirken.

Was für ein Spiel erwarten Sie?

Eines, in dem Spanien Protagonist am Ball sein und Deutschland, so wie bei jedem großen Turnier, Charakter zeigen wird.

Welche Erinnerungen haben Sie an die Partien gegen Deutschland 2008 und 2010?

Die Deutschen sind ein harter Brocken, eine richtige Herausforderung. Und sie bringen die Gewissheit mit, bei großen Turnieren in der Regel immer weit zu kommen. Sie sind organisiert und ungemein entschlossen. Im Finale 2008 haben sie uns in den ersten 20 Minuten überrollt. Wir haben uns nur angeschaut und gedacht: Wie sollen wir an diesen Schränken vorbeikommen? Die sind ja wie eine Mauer! Wir waren kurz wie benommen, ganz im Gegensatz zu ihnen: Sie sind wie Flugzeuge an uns vorbeigeflogen.

Und 2010?

Da hatten wir schon mehr Selbstvertrauen, haben uns in keinster Weise unterlegen gefühlt. Ich denke, das hat man dann auch gesehen. Am Ende waren es aber Kleinigkeiten, die bei beiden Spielen den Ausschlag gegeben haben. Am Freitag wird es wohl genauso sein.

Wie lässt sich Jamal Musiala stoppen?

Wichtig wird sein, dass er nicht wie gegen die Dänen hinter die Abwehrreihe gelangt. Auf kleinstem Raum ist er unglaublich schnell. Daher wäre es auch gefährlich, nur auf Angriff zu spielen.

INTERVIEW: MARCO RUIZ

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