Marcel Siem bei seinem Sieg der Italian Open am vergangenen Sonntag. © IMAGO
Eichenried – Das dürfte das stärkste deutsche Feld aller Zeiten bei den BMW International Open sein, das am heutigen Donnerstag im Golfclub München Eichenried abschlägt. Eigentlich fehlt nur einer – wobei der in der Weltrangliste ausgerechnet die deutsche Nummer eins ist: Stephan Jäger, heuer Premierensieger auf der PGA-Tour. Sonst aber sind sie alle da. Bernhard Langer, LIV-Gast Martin Kaymer, Marcel Siem, die Paul-Zwillinge Yannik und Jeremy, Matti Schmid, Max Kieffer, Alex Cejka und viele mehr. 17 an der Zahl. Nur Nick Bachem muss verletzungsbedingt passen.
Schon Langer hatte am Dienstag festgestellt, wie stark sich das deutsche Golf entwickelt hat. „Es ist unglaublich, wie viele Spieler jetzt weltweit unterwegs und auch erfolgreich sind“, äußerte der 66-Jährige bewundernd. Bei all dem Talent, dass das schwarz-rot-goldene Golf zuletzt hervorgebracht hat, stimmt eigentlich nur eines nicht: die Bilanz bei dem Heimturnier schlechthin, den BMW Open in Eichenried. Auch nach 34 Jahren gibt es nur einen deutschen Sieger. Martin Kaymer war‘s im Jahre 2008. Langer biss sich wie alle anderen die Zähne aus.
Marcel Siem zum Beispiel: „Ich versuche es seit 1989, am Engagement liegt es nicht.“ Sechsmal hat er jetzt auf der DP World Tour (früher European Tour) gewonnen, zuletzt am Sonntag an der Adria. Nicht einmal ein halbes Jahr nach einer Hüft-Operation. Ein großer Moment für ihn. Den feierte er auf Siemsche Weise. Extrovertiert war der Ratinger immer schon, lässt die Emotionen raus. Das gefällt den Zuschauern, dementsprechend hat der 43-Jährige sie oft auf seiner Seite. Er ballte zigmal die Fäuste, reckte sie empor. Dann tänzelte er wieder übers 18. Grün. „Das kommt einfach so raus“, stellt er in München klar. „Das ist nicht geschauspielert.“ All das direkt vor dem Heimspiel. Klappt es nun vielleicht mit einem zweiten Sieg in Folge? „Wer weiß“, sagt er, schränkt aber ein: „Laut Statistik sind die Chancen wohl nicht so groß.“ Für Siem heißt es in jedem Fall, mit den Kräften zu haushalten. „Auch gute Ergebnisse saugen Energie aus dir heraus.“ Noch dazu werden viele Augen auf das Trio Langer-Kaymer-Siem an den ersten beiden Tagen blicken. „Das wird ein Hype.“
Sieht auch Martin Kaymer so. Der stellt das ganze Turnier unter die Flagge von Bernhard Langer. „Diese Woche geht es doch um ihn, ich erwarte eine gute Atmosphäre“, sagt der 39-Jährige. Vielleicht so auch weniger Gespräche über die LIV-Tour und seinen Abschied auf die von den Saudis gesponserte Serie. Selbst fühlt er sich im Aufwärtstrend. Seit er schmerzfrei golfen kann, läuft es besser. Was sich noch verfestigen muss: „Wenn es gut läuft, musst du weitermachen, nicht warten, bis die schlechten Ergebnisse kommen.“ Vielleicht ist er dazu nun am richtigen Ort. „München tut mir sehr gut.“ Die Stadt, der Golfplatz – all das liegt ihm. „Ich bin einfach gerne hier.“
Erstmals gemeinsam sind es die Zwillinge Yannik und Jeremy Paul. Wobei das nicht ganz stimmt. Denn 2015 war Jeremy bereits als Caddie an der Tasche seines Bruders dabei. Als Profis spielen sie allerdings erst das dritte Mal überhaupt im selben Turnier, „weil wir halt auf verschiedenen Touren antreten“, fügt Yannik Paul an. Auch die beiden 30-Jährigen sind vor alle auf einen gespannt: auf Routinier Langer. „Bernhard hat in den USA einen ganz anderen Status als hier in Deutschland. Er ist für viele ein Idol“, verrät Jeremy Paul. Und für sie alle war er eines: der Wegbereiter des deutschen Golfsports. CHRISTIAN FELLNER