Es ist nicht der erste rassistische Ausfall bei der EM: Albanische Fans sangen während ihres Gruppenspiels „Töte den Serben“, österreichische Anhänger platzierten ein Banner mit der Aufschrift „Defend Europe“. Am Dienstagabend nutzte nun der türkische Nationalspieler Merih Demiral die größtmögliche Bühne, nämlich die eines Torjubels, für eine rechtsextreme Botschaft. Er feierte seinen Treffer mit dem „Wolfsgruß“, einem Symbol, das für die ultranationalistische Bewegung der „Grauen Wölfe“ steht. Ihre Anhänger wollen eine Art großtürkisches Reich schaffen, sie kennzeichnen sich durch antisemitisches und faschistisches Gedankengut.
Zwar beteuerte Demiral später, nur gezeigt haben zu wollen, „wie stolz“ er ist und damit „keine versteckte Botschaft“ aussenden zu wollen. Das Problem ist aber: Selbst wenn er das wirklich glaubt, normalisiert er die faschistische Geste und verhöhnt dessen Opfer – vor allem Kurden, Armenier, Aleviten und Juden –, die unter der angedrohten und ausgeübten Gewalt der Grauen Wölfe leiden. Es mehren sich deshalb die Stimmen, die Konsequenzen für Demirals Jubel fordern. „Am Jahrestag des Sivas-Massakers (Brandanschlag auf Aleviten) so prominent den Wolfsgruß zu zeigen, ist ein absoluter Skandal“, sagt Kamal Sido von der Gesellschaft für bedrohte Völker. „Die türkische Nationalmannschaft muss sich öffentlich vom Zeigen des rechtsextremen Symbols distanzieren.“ Dass die UEFA nun Ermittlungen einleitet, ist richtig. Derartige Gesten dürfen keine Plattform bekommen – erst recht nicht, wenn sie vor Millionen von Menschen gezeigt werden. vinzent.tschirpke@ovb.net