Sein letztes Spiel?

von Redaktion

Toni Kroos würde bei EM-Aus „nicht im Boden versinken“

„Das ist ja witzig“: Kroos über Real-Freunde, die ihn erst halten wollten und nun von seiner Verrentung sprechen. © AFP

Herzogenaurach – Wird Toni Kroos am Freitagabend nach dem Europameisterschafts-Viertelfinale gegen Spanien die Fußballschuhe für immer ausziehen? Am Mittwoch im DFB-Quartier in Herzogenaurach wirkt er so, als bereite er das vor. Der 34-Jährige, der im Zentrum des deutschen Spiels steht, kommt barfuß in Adiletten zur Pressekonferenz. Zu seiner letzten als aktiver Spieler? „Ich würde das weniger vermissen als das Spiel“, sagt er. Und um das Thema, das der Elefant im Raum ist, gleich abzuräumen, erklärt er: „Es ist mir bewusst, dass es mein letztes Spiel werden kann – aber es stört mich kein bisschen. Wenn es so wäre, würde ich nicht im Boden versinken.“ Doch er hat nicht vor, gegen Spanien zu verlieren. „Ich gehe davon aus, dass wir uns hier wiedersehen.“ Und dass die Karriere, die er „nach der Saison“ beenden wird, noch ein EM-Halbfinale erfährt. Und vielleicht noch ein Finale um den Titel, der ihm noch fehlt.

Zu welch absurden Konstellationen das Fußballleben führen kann, zeigt sich an seiner Person. Neulich noch flehten ihn die jahrelangen Mitspieler von Real Madrid an, das mit dem Aufhören doch bitte zu überdenken und ein Jahr in La Liga und Champions League anzuhängen. Nun kündigen sowohl Verteidiger Nacho als auch Stürmer Joselu an, „Toni am Freitag in Rente zu schicken“. Da lacht der Bald-Ruheständler, der dann in Madrid eine Fußball-Akademie für Kinder eröffnen wird: „Ich weiß, wie es gemeint ist. Und ja, das ist schon witzig.“

Dass Deutsche und Spanier aufeinandertreffen, wäre vor einigen Monaten nicht als das vorweggenommene Endspiel bezeichnet worden wie jetzt. Beide Nationalteams haben eine längere Phase der Erfolglosigkeit hinter sich, Spanien benötigte die EM-Vorrunde, um die Konstanz nachzuweisen, die in vorangegangenen Turnieren gefehlt hatte. Und auf deutscher Seite veränderte das Comeback des 2021 vom Länderspielbetrieb zurückgetretenen Kroos alles. „Er gibt uns die Stabilität, die wir zuvor nicht hatten“, beschreibt Leroy Sané die Wirkung von Kroos. Der bestritt bislang drei Test- und vier EM-Spiele mit der Mannschaft, sechs wurden gewonnen, eines endete mit einem Unentschieden. „Wir haben Selbstvertrauen aufgebaut durch die Spiele, in denen wir hinten lagen, und durch die, die nicht glatt gelaufen sind – früher hätten wir sie klar verloren.“

Die Zweifel, die die Nationalmannschaft umgaben, hatte Kroos gespürt, mit Erreichen des Viertelfinales ist das „Minimalziel“ realisiert, „im Nachgang wird man nicht von einer Katastrophe sprechen können, die haben wir umschifft. Doch intern haben wir uns vorgenommen, das Turnier zu gewinnen. Der Antrieb in der Kabine ist es, weiterzukommen. Und die Idee und der Plan meiner Rückkehr war es, Europameister zu werden.“ Bundestrainer Julian Nagelsmann erzählt, dass Kroos ihn das beim ersten Kontakt gefragt habe: Ob es möglich sei.

Spanien gegen Deutschland, das ist für Kroos ein Spiel, „das in der Mitte entschieden wird“. Dort, wo er ist. Und auf spanischer Seite Rodri von Manchester City. „Er ist nicht fehleranfällig, auch nicht unter Druck“, sagt Kroos über Rodri – und benennt damit auch seine eigenen Charakteristika. Es wird, so schätzt er, „ein Fifty-fifty-Spiel und gewiss nicht langweilig“. Dass auf spanischer Seite Optimismus geäußert wird, findet Toni Kroos gut. „Ich mag es, wenn die Leute selbstbewusst sind und ihre Stärken in den Mittelpunkt stellen. Wir sind aufgerufen, das zu widerlegen.“ So einfach ist der Fußball, den er hinter sich lassen wird. Morgen oder in ein paar Tagen. GÜNTER KLEIN

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