TAGEBUCH

Völlers Tore – und noch ein Spiel am 17. Juni 1988

von Redaktion

Der letzte deutsche Turniersieg gegen Spanien datiert von 1988. Das wissen die jetzigen Nationalspieler nicht, es war noch keiner von ihnen geboren, bis auf Manuel Neuer, aber der konnte da gerade mal den Reklamierarm heben. Um den DFB-Stars 2024 zu verdeutlichen, wie lange dieses damalige 2:0 her ist, sagt man: Beide Tore hat Rudi Völler geschossen. Da wird gestaunt: Oh, unser ergrauter Sportdirektor.

Ich hätte noch eine andere Geschichte von jenem 17. Juni 1988 – und sie macht klar, was für eine komplett andere Zeit 1988 war. Am Abend war ich beim EM-Spiel Deutschland – Spanien als junger Reporter im Einsatz – am Nachmittag aber noch bei einem anderen Match: Aufstieg zur Bayernliga, Relegation der Landesligisten TSV Kareth Lappersdorf und TSV Schwaben Augsburg (trainiert von Helmut Haller). Fand statt in Neuburg an der Donau. Vor 36 Jahren gab es in Bayern die ersten Lokalradios, ein Augsburger Sender bat mich, zur Halbzeit und am Ende anzurufen und ein wenig zu reportieren.

Anrufen, als es noch keine Handys gab – das hieß, ins Vereinsheim oder auf die Geschäftsstelle gehen und darum bitten, das Telefon benutzen zu dürfen. Eine Pressetribüne gab es nicht, ich stand neben den Trainerbänken. Kurz vor Halbzeit ging ich nach oben, es stand 2:0 für Lappersdorf. Das gab ich so mit feurigen Worten durch. Nur: Es stimmte nicht. Die Augsburger glichen, während ich das Telefon suchte und zittrig wählte, zum 2:2 aus. Ich hatte es aber nicht hören können, denn 7950 der 8000 Zuschauer kamen aus Lappersdorf beziehungsweise der Oberpfalz. Schwäbischer Torjubel war nicht zu vernehmen. Die Schwaben gewannen 4:3 nach Verlängerung, das gab ich richtig durch. Danach weiter ins Münchner Olympiastadion zur Völler-Gala. Und am folgenden Vormittag ins DFB-Quartier an den Tegernsee. Riesenstau, der Kollege und ich mussten einen Umweg fahren, der Chefredakteur zweifelte unsere Spesenabrechnung an. Das war Jahrzehnte vor Google Maps; Generation Shell-Atlas. Mein Kollege fuhr die Strecke Tage später zur Bestätigung der Kilometer ab.

1988: Wilder Amateurfußball, ganz andere Kommunikation, Völler als Spieler. Und Rudi und ich, wir sind 2024 noch da.

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