Abpfiff für das Sommermärchen 2.0 – zumindest aus deutscher Sicht. Die Mannschaft von Bundestrainer Julian Nagelsmann musste im Viertelfinale der Europameisterschaft gegen Spanien die Segel streichen. Das erneut (zu) frühe Turnier-Ausscheiden im Sommer 2024 ist zwar erneut bitter, unterscheidet sich deutlich von denen in den Jahren zuvor.
Nach dem Vorrunden-Aus bei der Weltmeisterschaft 2018 verpasste der damalige Bundestrainer Joachim Löw seiner Mannschaft eine Radikalkur und verbannte jahrelange Leistungsträger wie Mats Hummels, Jerome Boateng oder Thomas Müller aus der Nationalmannschaft. Vier Jahre später wurde die Gruppenphase unter Hansi Flick erneut nicht überstanden. Als Konsequenz musste DFB-Direktor Oliver Bierhoff seinen Hut nehmen und im Zuge dessen wurde Rudi Völler als Sportdirektor und Andreas Rettig als Geschäftsführer installiert. Und jetzt? Muss der DFB seinen mit Nagelsmann eingeschlagenen Weg unbeirrt fortsetzen, anders als nach den Enttäuschungen 2018 und 2022.
Denn: Der Bundestrainer hatte nicht mal ein Jahr Zeit, um seine Mannschaft auf das Großereignis im eigenen Land vorzubereiten. Unabhängig vom Viertelfinal-Aus haben Nagelsmann und sein Trainerteam um Sandro Wagner und Benjamin Glück einen überragenden Job gemacht: Ansprache, Kader-Zusammenstellung, taktische Ausrichtung, Startelf-Entscheidungen und die Wahl der etwaigen Einwechselspieler – die Arbeit der Coaches hatte in allen Bereichen endlich wieder Hand und Fuß. Allerdings muss sich Nagelsmann auch den Vorwurf gefallen lassen, dass er sich mit der Hereinnahme von Emre Can für Robert Andrich als Taktik-Tüftler verwirklichen wollte, statt auf das altbewährte Erfolgsrezept zu setzen. Die Partie gegen die spielstarken Spanier war ab der ersten Minute ein Ritt auf der Rasierklinge und das hatte auch mit der überraschenden Umstellung im Maschinenraum zu tun. Dadurch war von Anfang an eine bis dato nicht bekannte Hektik im deutschen Spiel zu spüren.
Die WM 2026 wirft bereits ihre Schatten voraus und der Nationalcoach hat nun ausreichend Zeit, um eine schlagkräftige Truppe mit Perspektive für das Turnier in USA, Kanada und Mexiko zusammenzustellen. Das gestrige EM-Aus ist der Beginn der WM-Vorbereitung.