Sie fehlen: Die Menschen, die noch da sind, wenn wir weit nach Spielschluss das Stadion verlassen. Die an den Auslasstoren stehen – mit einem Schild oder ihrer demütigen Bitte auf den Lippen: „Ich suche gebrauchte Tickets.“ Erstmals fielen die Gebrauchtkartensammler vor 20 Jahren bei der EM in Portugal auf. Sie waren ein Rätsel: Wozu begehrt man Andenken an etwas, das man nicht miterlebt hat? Zeigen sie später Freunden ihr Album: „Hier, da war ich auch nicht drin. Aber mit VIP-Karte nicht drin“? Weil die Typen, die nach Tickets jagten, immer mehr wurden, kam auch Misstrauen auf. Und siehe da: Den meisten ging es nicht um eine originell und originär bestückte Sammlung – sie vertickten die Ware flugs auf Ebay weiter.
Doch selbst dieser Geschäftszweig ist gestorben. Die UEFA hat komplett auf papierlos umgestellt. Das ist zum einen aus Reportersicht schade, denn bei bisherigen Turnieren bewahrten wir die Matchtickets, die auch wir bestellen mussten, in der Akkreditierungsfolie, welche um unsere Hälse baumelt, auf. Man erkannte die fleißigen Besucher von Spielen an ihrer Kartenwirtschaft, die sie mit sich führten. Vorbei, ein QR-Code auf der Akkreditierung enthält alle Informationen. Noch härter trifft das aber all die regulären Besucherinnen und Zuschauer – sofern sie über den Schwarzmarkt gehen; und echten Fans bleibt oft nichts anderes übrig. Eine Karte aus Papier kann man kaufen oder verkaufen – aber ein paar Striche auf dem Handy-Bildschirm?
Dennoch sind im Umkreis der Stadien verzweifelt wirkende Seelen anzutreffen, die ein Stück von einem Pappkarton beschriftet haben und auf Brusthöhe halten. „Need tickets“, „Suche 1 Karte“ – analoge Hilferufe in digitaler Zeit. Und ja, es ist nicht ausgeschlossen, dass sich der Traum noch realisieren lässt. Ginge dann so: Verkaufsbereite Person öffnet die UEFA-App, nimmt eine Umschreibung der virtuellen Eintrittskarte auf die kaufwillige Person vor, dafür wechselt ein Geldbetrag, der vermutlich höher ist als der offizielle Verkaufspreis, von Person Kauf zu Person Verkauf.
Allerdings haben wir gehört, dass „Suche Ticket“ ein Code für „Habe ein Ticket, bin der Schwarzhändler deines Vertrauens“ sei. Mit Papier war die Welt ehrlicher.