KOMMENTAR

Kane & Co. zeigen es (endlich) den Kritikern

von Redaktion

Drei Turniertreffer: Harry Kane. © Imago

Die Kritik in der Heimat war vernichtend. Als „Loser“ und „nicht mehr nützlich“ (Goal) wurde Harry Kane bezeichnet, als „unbeweglich“ (Guardian) und „neben der Spur“ (SkySports). Für seine bisherigen Auftritte bei dieser EM musste der Kapitän der englischen Nationalmannschaft einiges einstecken, sein Team und dessen Trainer Gareth Southgate sowieso.

Und der Verriss war– wenn auch nicht in seiner Härte – durchaus nachvollziehbar: Bis zum Halbfinale am Mittwoch spielten die Three Lions extrem zähen Fußball. Die pragmatische Taktik, bloß keinen Fehler zu machen und auf eine geniale Einzelaktion zu hoffen, war zwar erfolgreich, aber extrem unansehnlich. Auch Kane wirkte in diesem Konzert der Langeweile deplatziert. Weil er mit Phil Foden, Jude Bellingham und Cole Palmer zuweilen gleich drei Ballverteiler hinter sich hatte, konnte er seine große Stärke nicht ausspielen: Statt sich selber fallen zu lassen und seine Mitspieler in Szene zu setzen, musste er als Stoßstürmer vorne bleiben und auf Flanken warten. Die kamen aber nicht – und so schien Kane mitsamt seinen Mitspielern fehlt am Platz.

Durch den Finaleinzug kann ihm all diese Kritik egal sein. England steht im zweiten EM-Endspiel in Folge, bei den Weltmeisterschaften erreichten sie zuvor ein Halbfinale und schieden in Katar im Viertelfinale gegen Frankreich aus. Egal, wie wenig zufriedenstellend ihre Auftritte dabei anzuschauen waren: Die Generation um Kane und Southgate ist jetzt schon eine erfolgreiche, unabhängig vom Ausgang des Endspiels.

Außerdem steht Kane mit seinen drei Turniertreffern auf dem geteilten ersten Platz der Torschützenliste. Zusammen mit dem Spanier Dani Olmo ist er dabei der einzige Spieler, der diese Bilanz noch ausbauen kann. Gegen die Niederlande verwandelte er nicht nur einen Elfmeter, sondern zeigte mit seiner Mannschaft erstmals, was in der Offensive möglich ist. Zusammen mit Foden und Bukayo Saka kombinierte Kane sich ansehnlich durch die niederländische Defensive, seinen Strafstoß holte er nach genau einer solche Kombination selber raus. Es scheint, als wäre England rechtzeitig in Turnierform angekommen. Die Kritiker in der Heimat blieben nach diesem Auftritt jedenfalls erstmalig stumm.

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