Auch mit vereinten Kräften kaum zu bremsen: Grgic (am Ball) erzielte vier Tore. © Thissen / dpa
Dortmund – Sein erster Länderspieltreffer fiel vom Siebenmeterstrich, danach ließ Marko Grgic die Handball-Fans in der Dortmunder Westfalenhalle noch drei weitere Male aufspringen: Der Grünschnabel des DHB-Teams lieferte bei seinem Heim-Debüt einen extrem coolen Auftritt – auf und neben dem Feld. „Ich hab‘s einfach im Blut“, entgegnete der erst 20-Jährige in der ARD, als er auf seine bemerkenswerte Abgeklärtheit angesprochen wurde.
Beim 35:30 gegen Europameister Frankreich überzeugte die gesamte DHB-Auswahl, in der Grgic mit seiner kleinen Show ein belebendes Element war. Der Rückraumspieler des ThSV Eisenach kam früh für Julian Köster in die Partie. Und Grgic, die Überraschung im Olympia-Kader von Alfred Gislason, benötigte nur wenig Anlaufzeit. Der Grünschnabel setzte seine Mitspieler in Szene, übernahm Verantwortung bei Siebenmetern und schloss selbst aus der zweiten Reihe ab. Vier Tore standen am Ende für ihn zu Buche.
„Er bringt etwas, was uns schon ein bisschen gefehlt hat“, sagte Gislason lobend und führte aus: „Er ist sehr reif für sein Alter und beobachtet das Spiel gut, macht sich nicht allzu viel Kopf und keinen Stress. Er ist im Angriff ein Spieler, der sehr weit ist in seinem Alter.“
Der Senkrechtstarter, nun zwei Länderspiele auf dem Konto, ist längst in der Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) angekommen. „Ich habe ihn schon liebevoll Frechdachs getauft, weil er trotz seiner Jugend schon sehr viel Abgezocktheit und sehr viel Spielwitz offenbart“, hatte Andreas Wolff am Rande der Vorbereitung gesagt. In Dortmund ergänzte der Torhüter schelmisch: „Wenn er jetzt noch anfängt, Abwehr zu spielen, kann es ein ganz Großer werden.“
Grgic selbst nahm den Trubel um ihn und auch die anstehende Olympia-Mission beeindruckend gelassen hin. „Das habe ich alles aus meiner Handballer-Familie. Vielleicht bin ich nicht so wie andere 20-Jährige. Ich bin etwas ruhiger, nicht so emotional geladen“, sagte das Talent. Vater Danijel spielte von 2003 bis 2005 als Profi ebenfalls für Eisenach.
Schon bald kann Grgic sich auf der ganz großen Bühne gegen Weltklasse-Teams auszeichnen. Am 25. Juli wartet in Paris der Olympia-Auftakt gegen Schweden..
Der Glaube, dass es klappen könnte, ist durch den starken Auftritt in Dortmund im gesamten deutschen Lager nicht gerade gesunken. Im Gegenteil: „Es ist drin“, sagte Kapitän Johannes Golla mit Blick auf das erklärte Halbfinal-Ziel. „Heute war der Beweis dafür, dass wir mit guten Gegnern mithalten und den Traum erfüllen können, wenn wir 60 Minuten konstant durchspielen.“
Immerhin war es der erste Sieg gegen die Titelsammler aus dem Nachbarland seit 2022. Auch bei der zurückliegenden Heim-EM hatte die deutsche Auswahl zwar lange gut mitgehalten, am Ende aber doch 30:33 verloren. Dass es nun so ganz anders lief, weckte auch beim Gegner einigen Respekt. „Wenn du den Europameister schlägst, dann kannst du jeden schlagen“, sagte Frankreichs Star Nikola Karabatic, der seinen letzten Auftritt in seiner langjährigen sportlichen Heimat absolvierte. Karabatic traut den Deutschen bei Olympia sogar den ganz großen Coup zu.
Ein Ball, den der Bundestrainer nicht zuletzt auch wegen einiger Ausfälle auf französischer Seite nicht aufnehmen will. Immerhin: „Wie wir gespielt haben, gibt Zuversicht“, urteilte Gislason.
Der 64-Jährige gab seinen Profis nun noch ein paar Tage frei, ehe in Stuttgart die letzten Härtetests anstehen. Zunächst gegen Ungarn (19. Juli/17.15 Uhr), die Generalprobe steigt gegen Japan (21. Juli/17.30 Uhr/beide Sport1).
SID