„Mut zur Jugend zahlt sich aus“

von Redaktion

Trainerfuchs Felix Magath über Spanien als leuchtendes Beispiel – und Kane als Titelbringer

Lamine Yamal, der den Titel mit seinem Bruder feierte. © IMAGO

Hat den Fußball stets im Blick: Magath. © IMAGO

München – Die EM ist vorbei, aber ein EM-Gespräch geht noch. Felix Magath (70) hat die letzten wilden Wochen rund um das Turnier genossen – und spricht im Interview über den Europameister, den DFB und die Lehren für den FC Bayern.

Herr Magath, vier Wochen Fußballfest sind rum – mit würdigem Europameister?

Die Mannschaft, die über das ganze Turnier am besten gespielt hat, hat das Turnier gewonnen. Was mich besonders gefreut hat, war der erfrischende Spielstil. Spanien hat nicht so sehr den Ball gehalten, sondern nach vorne gespielt. Das war nicht nur schön anzusehen, sondern auch sehr effektiv.

Die jungen Spieler haben dem Team den Stempel aufgedrückt. Sind auch Sie als alter Trainerfuchs beeindruckt von Lamine Jamal und Nico Williams?

Der Spielzug zum 1:0 im Finale – ein Linksfuß auf der rechten Seite, der in die Mitte zieht und den Mitspieler sieht – war wundervoll. Die beiden beeindrucken aber auch von der körperlichen Seite. Dass jemand in so jungen Jahren schon in der Lage ist, ein ganzes Turnier auf diesem Niveau zu spielen, ist schon außergewöhnlich. Sie wirken, als würden sie schon ewig dabei sein. Ich sehe da eine Mischung aus Unbekümmertheit und mentaler Stärke.

Woher kommt die?

Wenn man in so jungen Jahren nicht nur in der Nationalmannschaft spielt, sondern auch in der Liga fester Bestandteil eines Spitzenteams ist, wächst das Selbstvertrauen immens. Große Klubs bei uns sind da oft zu zögerlich. Dabei ist es doch einfach in einem Mannschaftssport: Junge Spieler passen sich ganz schnell an bessere Mit- und bessere Gegenspieler an. Wenn man einen jungen Mann hat, der körperlich so weit ist und konditionell mithalten kann, entwickelt er sich genau so weiter. Mit jedem Gegner und von jedem Mitspieler kann er besser werden.

Bietet Spanien da gerade ein leuchtendes Beispiel – auch für Klubs wie den FC Bayern?

Ich sehe das so, ja. Junge Spieler sind vielleicht etwas fehleranfälliger, das aber machen sie mit einem höheren Energielevel wett. Mut zur Jugend kann sich schon auszahlen.

Man sagt gerne, die spanische Nationalmannschaft sei auf dem Weg zurück zur Weltspitze einen Schritt vor der deutschen. Unterschreiben Sie das?

Ich würde unterschreiben, dass die Spanier auf einem guten Weg sind. Und wenn wir das mit uns vergleichen wollen, müssen wir schon feststellen, dass wir erst seit drei Monaten so weit sind, dass wir eine Entwicklung beobachten können. Bis dahin war das ja alles sehr unerfreulich, da gab es ein Experiment nach dem anderen. Deshalb sind wir schon noch ein gutes Stück von der spanischen Mannschaft weg. Außerdem haben die eine andere Situation. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir in Toni Kroos einen ganz wesentlichen Leistungsträger verlieren. Die Lücke muss erstmal geschlossen werden.

Kann die Entwicklung in zwei Jahren zurück zur Spitze führen?

Es ist zu früh, so eine Aussage zu treffen. Sehen Sie, die Spanier haben alle Spiele gewonnen und haben meist auch überzeugt. Wir haben ordentlich gespielt – können aber noch lange nicht davon reden, wieder in der Spitze zu sein. Es bedarf zweier Jahre genauso intensiver Arbeit wie zuletzt. Training ist etwas Längerfristiges, nichts, was man von einer Woche auf die andere machen kann. Das dauert! Aber wir haben ja jetzt auch Zeit. Wir sollten sie nutzen.

Wenn wir den Blick nochmal nach München richten: Harry Kane kommt wieder titellos zurück. Wie kriegt man ihn wieder aufgebaut?

Harry Kane hat seine Klasse – der FC Bayern hat ohne ihn deutlich mehr Schwierigkeiten gehabt als mit ihm. Die englische Nationalmannschaft aber ist für einen Stoßstürmer wie ihn nicht das optimale Umfeld. Daher würde ich mich an seiner Stelle auch nicht verrückt machen lassen. Er soll einfach nächstes Jahr in München wieder zuschlagen. Kane kann den Bayern Titel bringen – und somit auch sich selbst.


INTERVIEW: HANNA RAIF

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