Eine Reise vor dem Ende

von Redaktion

Bei den Basketballern wird in Paris ein Projekt abgeschlossen, das vor drei Jahren begann

Bald Vergangenheit: Gordon Herbert mit Musterschüler Isaac Bonga. © Fischer/dpa

Berlin – Am Ende hatte die Sache dann doch ein bisschen länger gedauert als geplant. Eigentlich hatte Gordon Herbert, der Noch-Bundestrainer der deutschen Basketball-Nationalmannschaft seine zwölf Auserwählten für die Olympischen Spiele in Paris schon nach dem ersten Vorbereitungsblock in München festlegen wollen. „Weil es noch weit schwieriger ist eine Mannschaft zu formen als eine zu finden“, wie der Nationalcoach sagte.

Doch die Sache entpuppte sich als kompliziert. Spieler fehlten privat. Andere hatten noch Vertragsdetails zu klären oder den Wechsel zu einem neuen Arbeitgeber zu regeln. Auch um Herbert selbst, der nach den Spielen Bayern-Trainer werden soll, gab es Nebengeräusche. Erst seit ein paar Tagen ist der Fall erledigt.

Wirkliche Gedanken, dass die Zeit nun fehlen könnte, macht man sich im Lager des Weltmeisters allerdings nicht. Weil man sich ja nicht wirklich neu ist, in jenem Kreis, der sich am Freitag in Berlin gegen die Japaner und am Sonntag in London gegen US-Amerikas neues Dream-Team den letzten Feinschliff holen will. Im Kern sind das genau die Spieler, die sich vor der Heim-EM 2022 mit Herbert auf ein Drei-Jahres-Projekt einschwörten.

Von diesem Punkt an, hat sich der Kanadier drangemacht, aus der wohl besten Generation des deutschen Basketballs die weltbeste Mannschaft zu formen. Was nicht unbedingt die allerbesten Spieler erfordert, wie Herbert sagte. Den in der NBA hoch angesehenen Maxi Kleber etwa ließ er nach dessen Zwist mit Dennis Schröder vor der letztjährigen WM außen vor, weil der Kapitän und Spielmacher bei ihm die unantastbare Führungsfigur ist. Man hat das auch bei der WM selbst sehen können, als Herbert bei einem Streit zwischen Schröder und Center Daniel Theis dazwischenfuhr und sich dann prompt bei seinem Kapitän dafür entschuldigte.

Es zahlte sich ja auch aus. EM-Bronze folgte das Gold-Märchen von Manila. Und jetzt also Paris als der Endpunkt eines, im deutschen Basketball so noch nie dagewesenen Projekts. Es wartet ohne Zweifel das qualitativ beste der drei Turniere. Aber auch die deutsche Mannschaft ist die wohl beste dieser drei Jahre. Schröder ist noch immer in Topform, Aufsteiger Franz Wagner ist ein weiteres Jahr in der NBA gereift. Mit Rückkehrer Nick Weiler-Babb und Oscar da Silva rücken zwei Profis ins Team, denen anders als den aussortierten Justus Hollatz und David Krämer auch starke Rollen auf dem Feld zuzutrauen sind.

Das Viertelfinale ist in der Gruppe mit Japan, Brasilien und Gastgeber Frankreich sicherlich Pflicht. Danach gibt es im K.o.-System natürlich viele Unwägbarkeiten. Nicht zuletzt für Schröder ist aber klar: „Wir wollen eine Medaille.“ Die dritte, zum Ende des Projektes. Nach dem dann im deutschen Basketball viele Weichen neu gestellt werden müssen.

Allen voran die Position des Projektleiters. Auf der es durchaus zu einem Wiedersehen mit einem alten Bekannten kommen könnte. Mit Svetislav Pesic nämlich. Der ist derzeit zwar noch Trainer seines Heimatlandes Serbien, doch er meldete zumindest schon einmal Interesse am Herbert-Erbe an. „Ich bin für alles offen und immer bereit. Ich fände es schön, meine Trainerlaufbahn in Deutschland zu beenden“, sagte der 74-Jährige der „Sport-Bild“.

Abwegig muss das keineswegs sein. Pesic, der seinen Lebensmittelpunkt immer noch in München hat, war beim Deutschen Basketball Bund ja schon einmal am Ruder. Wobei er vor allem beim ersten bewiesen hat, dass auch er weiß, wie man Spitzenmannschaften baut. 1993 führte er due Deutschen bei der EM im eigenen Land bekanntlich zum ersten großen Titel
PATRICK REICHELT

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