„Der Wahlkampf liegt doch hinter uns…“: Hasan Ismaik. © Sampics
München – Seit ziemlich genau einem Monat ist Hasan Ismaik zurück in Abu Dhabi. Seine Wahlkampftour durchs 1860-Land hatte nicht den gewünschten Erfolg gebracht, doch der Investor gibt nicht auf. „Die nächsten Wahlen stehen vor der Tür“, schrieb er am Tag nach der Mitgliederversammlung: „Und wir werden nicht aufhören, für den Erfolg unserer Löwen zu kämpfen.“
Auch aus der Ferne bleibt Ismaik am Ball, spielt Anwalt für die Enttäuschten („Behaltet Eure Mitgliedschaft!“) und zitiert Philosophen zum Thema Moral, die er seinen Widersachern abspricht. Über Facebook-Posts hält er sich im Gespräch – und natürlich lässt er sich auch alles übersetzen, was über seinen Verein verbreitet wird.
Auch die folgende Meldung kam bei ihm an. Sechzger.de berichtet, dass Mitglieder des e.V. seinen Ausschluss aus dem Verein fordern. Wörtlich heißt es im Blog: „Nicht zuletzt vor den Verwaltungsratswahlen machte Hasan Ismaik nahezu täglich Schlagzeilen. Er teilte heftig gegen Vereinsfunktionäre aus, bepöbelte Fans in Social Media, verglich die Mitgliederversammlung mit Putins Einmarsch in die Ukraine und rief die Löwen dazu auf, Fangruppierungen zu ,zerstören‘. Nach der Wahl setzte er das Gerücht eines vermeintlichen – und bereits widerlegten – Antisemitismus-Problems beim TSV München von 1860 e.V. in die Welt.“
Starker Tobak, eingeteilt in sieben Anklagepunkte. Bis Ende Juli können sich Mitglieder online dem Antrag anschließen. Unsere Zeitung sprach den jordanischen Geschäftsmann darauf an – und Ismaik reagierte prompt, mit amüsiert-irritiertem Erstaunen.
„Der Artikel von Sechzger.de hat mich sehr zum Lachen gebracht“, antwortete Ismaik: „Er ist interessant und lustig. Ich frage mich, wo diese Leute waren, als andere Mitglieder des e.V. T-Shirts und Fahnen zeigten, auf denen mein Bild durchgestrichen war. Wo waren diese Leute, als andere e.V.-Mitglieder Lieder gegen mich sangen; etwa während der letzten Mitgliederversammlung? Wo war diese Empörung? Wenn ich mich über diese Beleidigungen beschwere, wird mir gesagt, dass dies Meinungsfreiheit sei und dass ich das akzeptieren müsse, was ich auch tue. Doch wenn ich meine Meinung kundtue, wollen sie mir die Mitgliedschaft entziehen.“
Ob das überhaupt möglich ist, muss am Ende der Wahlausschuss entscheiden, der sich gerade neu aufgestellt hat. Ismaik jedenfalls wundert sich über das Zünden der neuen Eskalationsstufe. „Ich habe gelesen, dass sie behaupten, ich hätte nicht die Wahrheit gesagt“, wendet er sich an die Antragsteller und fragt: „Woher wollen sie das wissen? Kennen sie alle Fakten? Ich bezweifle das.“ Auch hätte er es für sinnvoller gehalten, die Differenzen von Angesicht zu Angesicht auszuräumen: „Wenn sie ein Problem mit mir haben oder dem, was ich gesagt habe, hätten sie zuerst zu mir kommen sollen. Ich war lange in München, für jeden erreichbar. Dennoch kamen sie nie zu mir. Stattdessen beschweren sie sich jetzt im Dunkeln hinter meinem Rücken und geben es an die Presse weiter.“ Diesen Umgang mit Problemen hält er für falsch.
Dennoch, so Ismaik, wolle er sich von dieser „kleinen Episode“ nicht beirren lassen: „Ich bin diese Provokationen und Nadelstiche seit 13 Jahren gewohnt. Ich werde mich auf die Mannschaft (…) konzentrieren. Ich bin optimistisch, dass das Team dieses Jahr etwas Positives erreichen wird.“
Uli Kellner