„Gislason ist der Fels in der Brandung“

von Redaktion

Ex-Welt-Handballer Daniel Stephan über Olympia 2004, frühes Aufstehen und die Perspektiven in Paris

Immer am Ball: Daniel Stephan. © IMAGO

Bundestrainer Gislason und Kapitän Golla. © Thissen/dpa

Mit ihm erlebte der deutsche Handball 2004 eine olympische Sternstunde. Nach Paris blickt Daniel Stephan (50) nur verhalten optimistisch. Auch die Testspiele haben für ihn einen kleinen Haken.

Herr Stephan, vor 20 Jahren zeigten Sie in Athen mit Silber wie Edelmetall bei Olympia funktioniert. Welches Bild kommt spontan hoch?

Ganz klar, das Wahnsinns-Viertelfinale gegen Spanien. Zwei Verlängerungen, Siebenmeterwerfen. Da kriege ich jetzt noch Schweißhände, wenn ich daran denke.

Sie versenkten den Siebenmeter zum 32:30. Der Wurf ihrer Karriere?

Ja, schon. Wobei man gerne vergisst, dass ich in letzter Sekunde ja schon einen Siebenmeter geworfen habe. Da hätte es schon vorbei sein können. Ich weiß noch, dass ich mir vorgenommen habe, neben dem Kopf des Torhüters zu werfen. Habe ich auch. Links. Wobei ich im Spiel überzeugt war, dass es rechts war. Da sieht man mal, in was für einem Tunnel man da unterwegs ist. Aber ja, das ganze Turnier war eine Besonderheit. Mit einem gewissen Dämpfer, dass wir halt das Finale verloren haben.

Sie erlebten in Athen auch eine andere Besonderheit, die es für Ihre Erben jetzt in Paris auch gibt: Spielbeginn am frühen Morgen. Schwierig?

(lacht) Das war gegen Südkorea. Um 9.30 Uhr. Wir haben uns kürzlich mit den Leuten von damals getroffen. Da hat Heiner Brand erzählt, ich hätte damals dagegen gemeutert. Naja, ich weiß nur, dass wir damals über zwei bis drei Tage Aufstehen geübt und teilweise auch früh trainiert haben. Das ist schon eine Umstellung.

Ihre Nachfolger haben in der Vorbereitung überzeugt. In drei Testspielen gab es drei Siege…

Das stimmt. Wobei ich ein bisschen überrascht bin, dass wir die drei Spiele zu Hause gemacht haben. Wir hatten die Heim-EM, die Olympia-Qualifikation zu Hause. Wir sind schon sehr in diesem Heim-Modus. Es ist etwas schwer, das einzuschätzen, wie man sich im Ausland schlägt.

Zumal es in einem Viertelfinale durchaus vor 27.000 Zuschauern in Lille gegen Frankreich gehen könnte.

Ja. Aber vor so etwas darf man keine Angst haben. Auf so etwas musst du dich freuen. Aber erst mal müssen wir durch die Gruppe kommen.

Gleiches gilt auch für die Frauen. Wie schätzen Sie die Gruppen ein?

Bei den Frauen hast du die skandinavischen Teams, gegen die es immer schwer ist. Bei den Männern gibt es den Topact gegen Spanien. Auch Schweden ist sehr stark. Kroatien spielt mal so, mal so. Slowenien liegt uns normalerweise immer. Und Japan ist früh in der Gruppe stärker, aber die musst du schlagen. Aber ich sage mal so: Den Platz unter den ersten Vier schafft man schon. Und dann brauchst du halt ein echtes Topspiel, dann wärst du auch schon im Halbfinale und greifst nach den Medaillen.

Ist die Mannschaft weiter als noch im Winter, als es gegen die Großen jeweils knapp nicht reichte?

Das kann schon sein. Oder sagen wir: Ich hoffe es. Aber eines weiß ich ganz sicher: Wir haben mit Alfred Gislason eine riesige Persönlichkeit da draußen stehen. Einen Felsen in der Brandung. Er wird sie da schon durchführen.


PATRICK REICHELT

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