Wissbegierig: Kompany im Museum. © FCB
Rottach-Egern – Seinen ersten Auftritt beschloss Vincent Kompany mit einer Frage, die ihm am Herzen lag: „Leute, wie war mein Deutsch“? – rief er nach 25-minütiger Presse-Runde in Richtung der Journalisten. Die Antwort aus dem Auditorium kam unisono: Bestens! Und sie war auch ernst gemeint. Kompany gibt sich in diesen ersten Tagen auf dem Parkett der Öffentlichkeit wortgewandt und nahbar. Das wird intern wie extern wohlwollend registriert.
Die Worte „Habe die Ehre“ und „Servus“ sind schon fest im Sprachgebrauch des 38-Jährigen, nur noch bei wirklich kniffligen Themen wechselt er ins Englische. Und auch auf dem Feld spricht er hier und da schon Deutsch mit seinen Stars. Kompany will die Region, den Verein aufsaugen, er lässt sich auf die neue Aufgabe intensiv ein. „Den Extraschritt“ geht er gerne, sagt er dazu, „genau wie mein Staff“. Passend dazu: Die Bergtour inklusive Übernachtung, die das Funktionsteam bereits am Sonntag machte – also einen Tag, bevor das dreitägige Trainingscamp offiziell begann.
„Es gibt nicht viele Gegenden, die so stolz sind auf ihre eigene Identität“, sagt Kompany über Bayern, am Tegernsee spürt er diesen Flair besonders. Eine Lederhose wird es erst zur Wiesn geben, schon jetzt ist klar: Kompany wird sie mit Stolz tragen. Das „Gefühl Mia san Mia“, sagt er, versteht er schon jetzt gut. Seine Definition des Vereins-Slogans: „Wir müssen gewinnen und feiern, aber wir müssen auch immer weitermachen. Auf die Vergangenheit können wir stolz sein, aber wir sind erfolgreich, weil wir an die Zukunft denken.“
Er hat sie aus diversen Einzelgesprächen gewonnen, aber er studiert seinen neuen Verein auch in ganz alleine in seiner Freizeit. Als Kompany etwa nach der EURO mit seinem Trainerteam zu Gast im FC Bayern Museum war, zeigte er sich sehr wissbegierig. Besonders angetan hatten dem ehemaligen Abwehrspieler seine Vorgänger, also alle Trainer, die den FC Bayern in bisher 124 Jahren zu dem gemacht haben, was er heute ist. Angefangen bei Dr. Willem Hesselink über den ersten Meister-Trainer Richard Dombi bis hin zu den Champions-League-Siegern Udo Lattek, Ottmar Hitzfeld, Jupp Heynckes und Hansi Flick. Kompany wollte und will alles wissen, ohne einen konkreten Stil zu kopieren: „Es ist wichtig, seinen eigenen Weg zu gehen.“
Stand jetzt passt er gut zu den Bayern – und es kann diesem Verein nur guttun, einen Mann an der Seitenlinie zu haben, der sich für die „nächsten vier, fünf, sechs oder sieben Jahre“ als „adoptierten Bayern“ bezeichnet. Kompany will die Werte hochhalten, die diverse Fans beim Umbruch des Kaders immer weiter schwinden sehen. In den Sozialen Medien ist die Debatte längst hochgekocht. Beste Beispiele sind die Verkaufskandidaten Matthijs de Ligt und vor allem Joshua Kimmich. „Wenn ich sehe, dass in Zukunft Spieler wie Thomas Müller oder Manuel Neuer wegbrechen, würde ich persönlich alles tun, um Kimmich zu halten“, schrieb Lothar Matthäus bei „Sky“ und sprach vielen Anhängern aus der Seele. Er führte fort: „Ich hätte auch alles getan, um David Alaba und Toni Kroos zu halten. Gesichter kann man sich nicht kaufen.“
Was Kompany dazu sagt? Nichts. Auch das gehört zu seinem Stil., „Über ein Individuum zu sprechen, ist genau das Gegenteil von Mia san mia“, ließ der Belgier zum Start verlauten. In bestem Deutsch, versteht sich.
HANNA RAIF, PHILIPP KESSLER