BOGENSCHIESSEN

Vom Bauernhof an die Weltspitze

von Redaktion

Katharina Bauer gehört zu den Favoriten – ihre Trainingsgäste sind Kühe

Fokus! Katharina Bauer fasziniert auch die mentale Komponente beim Bogenschießen. © Imago

Die Gepäckstücke traten erst mit Verspätung die Reise von München nach Paris an. © Privat

„Traumhafte Kulisse“: Katharina Bauer lebt und trainiert auf dem Hof ihrer Eltern, die Schießbahn im Olympia-Design. © Katharina Bauer

München – Die Medaillenmission begann mit reichlich Aufregung. Katharina Bauer landete zwar sicher in Paris, doch das Gepäck samt den Bögen trat die Reise erst gar nicht an. „Ein großartiger Start“, kommentierte Bauer sarkastisch. Der Deutsche Olympische Sportbund reagierte prompt und stufte die Gepäckstücke als prioritär ein. Die Vorbereitung der Medaillenhoffnung sollte schließlich nicht gestört werden, schon am Donnerstag beginnen die Platzierungsrunden im Bogenschießen. Am Dienstagmorgen gab es dann Entwarnung, mit den eigenen Bögen marschierte Bauer zum Trainingsgelände.

Die Faszination für ihren geliebten Sport begann bei der Raublingerin schon früh. „Ich konnte als Kind sofort sehen, ob ich es gut oder schlecht gemacht habe. Habe ich die Mitte getroffen oder nicht? So bin ich an dem Sport hängengeblieben. Aus eigener Kraft den Pfeil 70 Meter weiter auf einen kleinen Punkt zu schießen, das ist ein besonderes Gefühl.“ Die 28-Jährige räumte schon bei den Junioren ab, ein Platz auf dem Podest war jahrelang für sie reserviert. Der Weg in die Weltspitze gelang, wenn auch über Umwege. 2021 verpasste Bauer die Qualifikation für die Olympischen Spiele: „Es hat mir den Boden unter den Füßen weggerissen. Ich bin jeden Tag nur für die Olympischen Spiele ins Training gegangen. Ich wusste erst gar nicht, wie es weitergehen soll.“ Eine schmerzhafte Erfahrung, die die Einstellung von Bauer zum Sport komplett änderte. Weg vom Leistungsdruck, mehr Spaß. Ein erfolgreicher Ansatz. 2022 EM-Bronze im Einzel und Gold im Team, 2023 für drei Monate auf Platz eins der Weltrangliste, bei der Europameisterschaft in diesem Jahr Doppel-Gold in Einzel und Mixed.

Die EM-Königin bleibt bodenständig. Sie lebt und trainiert auf dem Obermoor-Hof ihrer Eltern in Raubling. Direkt vor der Haustüre gibt es eine eigene Schießbahn, seit einigen Wochen im Olympia-Design. Für schlechtes Wetter gibt es eine Hütte, aus der Bauer schießen kann, als Trainingsgäste schauen ab und an Kühe vorbei. „Eine traumhafte Kulisse. Ich liebe es, wenn ich in die Berge schauen kann, das beruhigt.“

Ruhe. Besonders wichtig beim Bogenschießen. Bauer arbeitet eng mit einer Sportpsychologin zusammen, wird auch in Paris vor Ort unterstützt. Nur der Gedanke an den nächsten Pfeil zählt. Im Winter formuliert Bauer den komplexen Bewegungsablauf bis ins kleinste Detail aus. Zwei vollgeschriebene DIN-A4-Seiten. „Ich lese mir das dann vor, spreche es auf Audio, höre es mir immer wieder an. Dann breche ich es immer mehr runter, bis ich den Schuss mit fünf Schlagworten beschreiben kann.“ Mit diesen fünf Schlagworten hat Bauer immer im Kopf, wie der Schuss idealerweise aussehen soll. Die Formel für Paris? Baum, locker, kleiner Finger, druck, zack. Druck, zack, Medaille? „Das Niveau ist unfassbar hoch. An einem Tag wirst du Weltmeisterin, am anderen verlierst du dein erstes Match.“

Kühe und Berge werden an der Schießbahn in Paris nicht sein, doch die Gelassenheit vom Bauernhof bleibt Bauer.
NICO-MARIUS SCHMITZ

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