Leon, der Dritte

von Redaktion

Goretzka kommt am Tegernsee verwandelt daher – Kompany will „Reaktion“

Viele Muskeln, mächtig Eindruck: Goretzka rund um den Champions-League-Sieg 2020. © Instagram

Weniger Muskeln, mehr Spritzigkeit: Goretzka fällt im Training in Rottach-Egern durch sein neues Erscheinungsbild auf. © IMAGO

Rottach-Egern – Am Mittwoch in der Früh war es endlich so weit. Als es in Rottach-Egern nicht mehr regnete, sondern die Wetterlage stabil war, nutzten ein paar Bayern die Gunst der Stunde. Während Eric Dier und Serge Gnabry am Privatstrand des noblen „Althoff Seehotel Überfahrt“ in Unterhose in den Tegernsee sprangen, hatte Leon Goretzka die Badehose dabei. Der 29-Jährige ist ein Profi, für ihn ist es immerhin die siebte Sommervorbereitung bei und mit dem FC Bayern. Business as usual, sozusagen. Auch wenn der Mittelfeldmann dieses Jahr – mal wieder – transformiert daherkommt.

Frühaufsteher und andere Kiebitze hatten beim Baden in aller Herrgottsfrühe einen genauen Blick auf den Körper von Goretzka, aber es war auch schon bei den Trainingseinheiten im Stadion am Birkenmoos auffällig, dass der von Julian Nagelsmann nicht nominierte Nationalspieler die EM-Pause genutzt hat. Diesmal allerdings stand nicht reiner Muskelaufbau auf dem Programm, sondern augenscheinlich ganzheitliches Training. Wenn Goretzka dieser Tage unter dem neuen Trainer Vincent Kompany auf dem Platz schwitzt, kommt er deutlich drahtiger daher als noch vor dem Urlaub. In den Sozialen Medien diskutieren die Fans beim Anblick des Champions-League-Siegers von 2020: Ist das neue Erscheinungsbild eine Kampfansage – oder ein Grund zur Sorge?

Die Trainingseindrücke sprechen eine eindeutige Sprache. Da hat sich jemand vorgenommen, gegen seinen Status als Verkaufskandidat anzuspielen. Der neue Goretzka hat nichts mehr mit jenem hageren Jungspund zu tun, der 2018 aus Schalke nach München kam, und auch nicht mehr viel mit jenem Muskelprotz, der sich rund um den Henkelpott-Triumph gerne inszenierte. Leon, der Dritte, ist ein Mann, dessen Haare womöglich langsam weniger werden, der aber alles für eine Zukunft in diesem Verein geben will. Im Ohr hat er dazu die Worte, die Ehrenpräsident Uli Hoeneß erst am Sonntag geäußert hatte: „Er hat noch zwei Jahre Vertrag und jetzt die Chance, mit einem neuen Trainer, einem neuen Umfeld zu beweisen, dass das, was die letzten ein, zwei Jahre war, nicht in Ordnung war und seine Entwicklung anders sein kann.“

Sechs Tore und neun Vorlagen stehen aus der vergangenen Bundesliga-Saison für Goretzka zu buche. Aber obwohl er damit der effizienteste Mittelfeldspieler im Kader von Ex-Trainer Thomas Tuchel war, riss die Kritik nicht ab. Mit Blick auf die Konkurrenz, die seit der Verpflichtung von Joao Palhinha nicht kleiner geworden ist, steht Goretzka in der Zentrale auf Rang fünf. Die neue körperliche Konstitution – stets überwacht durch ein Fitnessarmband, das auch Cristiano Ronaldo trägt – dürfte ihm aber wieder zu mehr Spritzigkeit verhelfen. Selbst wenn der Verlust einiger Muskelberge zu weniger Robustheit führt, dürfte sie Goretzkas Stärken als einst quirliger Box-to-Box-Spieler wieder fördern.

Noch gelingt nicht alles. In Rottach-Egern ärgerte sich Goretzka nach mehreren Fehlpässen. Aber es gab auch lobende Worte von Kompany, der auf eine „Reaktion“ auf die Vorsaison hofft. Hoeneß sprach gar von einer „neuen Zeitrechnung“. Da ist so eine neue Badehosen-Figur doch ein Anfang.
H. RAIF, P. KESSLER, V. TSCHIRPKE

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