Seltener Moment: Kompany sitzend. © IMAGO
Stets aktiv: Kompany am Rande des Testspiels in Rottach-Egern. © IMAGO
Rottach-Egern – Eine kurze Pause gönnte sich Vincent Kompany dann doch. Nachdem sein Team beim Testspiel gegen Rottach-Egern (14:1) endlich standesgemäß mit 5:0 führte, setzte sich der Coach für einen kurzen Moment auf die Trainerbank und atmete tief durch.
In den knapp 35 Minuten zuvor – und auch im restlichen Verlauf der Partie – war der neue Coach dagegen mit vollem Einsatz dabei: Kompany lobte, kritisierte, gab von der Seitenlinie aus Kommandos und holte sich einzelne Spieler zur Besprechung heran. Sein Motto – harte Arbeit, in jedem Test und jeder Trainingseinheit – setzte er auch beim Abschluss des Trainingslagers fort. Sein Fazit: „Wir haben eigentlich alles gemacht, was wir in den letzten drei Tagen wollten. Wir haben eine Menge Chancen und viele gute, junge Spieler gesehen“, so Kompany über die drei Tage am Tegernsee. „Das ist gut für uns!“
Gut für den FC Bayern, so scheint es, ist derzeit vor allem die gewandelte Stimmung im Team. Bislang sorgt der Trainer für positive Atmosphäre. Einige Beispiele: Spieler wie Bryan Zaragoza, die unter Ex-Trainer Thomas Tuchel einen schweren Stand hatten, nimmt er demonstrativ in den Arm. Rückkehrer Josip Stanisic holte er sich auch für eine längere Unterredung zur Seite. Bewusst umgeht Kompany zudem bisher jeglichen Kommentar zu einzelnen Spielern. Bloß kein Öl in irgendwelche Feuer gießen! Was nicht heißt, dass er Angst hat. Man sieht ihm die Freude am neuen Job regelrecht an.
Er folgt damit einer simplen Strategie: Als junger Coach mit vergleichsweise wenig Erfahrung (und wenig Kredit im Falle eines Misserfolgs) erlaubt sich Kompany keine Eitelkeiten. Stattdessen stellt er sich mit allen gut: den Spielern, die er bislang allesamt bei Laune hält. Den Bossen, von denen er öffentlich keine Transfers fordert. Und zuletzt Uli Hoeneß, auf dessen viel zitierte Aussagen er auf Pressekonferenzen nicht reagiert – und im Gegensatz zu Tuchel so auch Konflikte vermeidet.
Es bleibt abzuwarten, ob und wie sich die Wohlfühlatmosphäre im Falle einer sportlichen Krise wandelt – bislang ist Bayern aber voll auf Kompany-Kurs. Das spiegelt auch die Mannschaft. Torhüter Sven Ulreich sagte am Mittwochabend: „Es ist eine sehr positive Stimmung da.“ Und was hat sich taktisch unter Kompany verändert? „Wir pressen aktiver gegen den Ball, sind allgemein aggressiver. Das sieht man auch beim Training, wie er uns coacht.“ Der Torwart, der bereits in seine neunte Spielzeit mit dem FCB geht, beschreibt ihn als „sehr klar im Kopf“. Er spreche viel und „gibt die Lautstärke und den Ton an“. Zu sehen bei allen Einheiten am Tegernsee, mit viel Dampf und Power.
In der nächsten Woche trifft Kompany dann auch auf die DFB-Akteure, die rechtzeitig zur Südkorea-Tour aus dem Urlaub zurückkehren. Alle weiteren Spieler (Kane, Coman, Upamecano, Davies und de Ligt) sollen danach dazustoßen – und die Kompany-Bayern komplettieren.
V. TSCHIPKE, H. RAIF