Leider nicht im Doppelpack

von Redaktion

Surferin Steinlein und Judoka Ballhaus leben olympischen Traum, während ihre Schwestern zusehen müssen

„Man fliegt einfach über alles drüber“: Steinleins Leidenschaft für das Windsurfen begann vor vier Jahren. © Felix Diemer

Gemeinsam erfolgreich: Mascha (r.) und Seija Ballhaus begannen im Alter von vier Jahren mit dem Judo. © Privat

Ein Herz für den Wassersport: Sophie und Theresa (r.) Steinlein, aufgewachsen am Wörthsee. © Ronny Kiaulehn

So richtig realisiert hat Theresa Steinlein das alles noch nicht. Vor vier Jahren wechselte die gelernte Seglerin zum Windsurfen. Und startet nun bei den Olympischen Spielen in Marseille in der Disziplin iQFoiL. Mit 22 Jahren. „Ich trainiere seit der Qualifikation so viel, habe noch keine Pause gemacht. Da ist man noch gar nicht zum Nachdenken gekommen. Ich glaube, dass mir erst danach klar wird, was das alles bedeutet.“

Steinlein wuchs am Wörthsee auf, Vater Markus gehörte in den 80ern und 90ern zu den besten Raceboard-Surfern, mit fünf Jahren startete sie im Opti, einer Jolle für Kinder. Im Training immer mit dabei: Zwillingsschwester Sophie. „Da hatten wir schon richtige Kämpfe und haben uns richtig gefetzt. Wenn es zu Rennen kam, haben wir uns, soweit es die Regeln erlauben, gegenseitig Platz gehalten.“ Im Jugendsegelboot feierten beide Erfolge, aber Theresa lockten da schon die fliegenden Künstler auf dem Wasser. „Beim Segeln sind immer Surfer an mir vorbei gedüst, das fand ich damals schon cool.“ Papa Markus kaufte das Equipment für das Windsurfen, auch weil er selbst von der Sportart begeistert war. Sophie entschied sich nach einer Testphase für das Segeln in der Olympischen Klasse 49FX, Theresa hatte eine neue Leidenschaft gefunden. „Das ist ein Gefühl von Freiheit. Normalerweise muss man auf der Finne oder auf dem Boot jede Welle überwinden. Jetzt fliegt man einfach über alles drüber.“

Eine Leidenschaft, die viel Kraft kostet. Obwohl Steinlein bereits zehn Kilogramm draufgelegt hat, ist das Gewicht immer noch ein Problem. Beim Windsurfen braucht es eine starke Rückenmuskulatur, die gebürtige Starnbergerin hatte einen angehenden Bandscheibenvorfall. „Der Körper muss sich erst an die Belastung gewöhnen. Man braucht kleine Muskelstränge, die man nur durchs Windsurfen bekommt. Am Anfang war es richtig hart für mich.“

Doch Steinlein nahm Fahrt auf, sicherte Deutschland den Startplatz bei den Olympischen Spielen und rückte in der Weltrangliste immer weiter nach oben. Die Zwillinge in unterschiedlichen Disziplinen bei Olympia, eine schöne Vorstellung, aber Sophie verpasste die Qualifikation. „Sie macht ja nebenbei noch SailGP und hat ein zweites Standbein. Ihre Trauer geht ein bisschen dadurch runter, weil ich es geschafft habe. Sie wird auch in Marseille dabei sein, mir zuhören und eine wichtige Stütze sein“, sagt Theresa: „Ich glaube, dass sie sich sogar mehr gefreut hat als ich mich selbst.“

Die Situation kommt Mascha Ballhaus bekannt vor. Die Judoka ist in Paris dabei, Zwillingsschwester Seija meisterte ebenfalls die Qualifikation, wurde jedoch in ihrer Gewichtsklasse nicht nominiert, da jede Nation nur einen Startplatz hat. „Das ist das Einzige, was mich gerade ein bisschen traurig macht“, sagt Mascha unserer Zeitung: „Ich lebe gerade das, wovon wir beide geträumt haben – und sie darf nicht mit.“ Mit vier Jahren begann Ballhaus gemeinsam mit ihrer Zwillingsschwester mit dem Judo, der Sprung in die Weltspitze gelang dieses Jahr mit der Bronzemedaille bei der Weltmeisterschaft in Abu Dhabi.

Die 23-Jährige fasziniert das Unvorhersehbare beim Judo. Ein falscher Schritt kann entscheidend sein. Das Training mit ihrer Schwester am Bundesstützpunkt in München schätzt Ballhaus. „Wir fordern uns immer gemeinsam heraus. Wir können uns alles ehrlich ins Gesicht sagen. Es gibt keine Hemmschwelle.“ Insgeheim blicken beide schon auf die Spiele in Los Angeles 2028. „Ich schnupper das jetzt schon mal ein bisschen ab und in vier Jahren schaffen wir es zusammen.“
NICO-MARIUS SCHMITZ

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