Luca Witzke im Test gegen Japans Tamakawa. © Murat/dpa
Kurz vor dem Start gab es noch einmal Lob vom Größten der Großen des Handballs. Wer ihm sein viertes Olympia-Gold denn streitig machen könnte, wurde Frankreichs Alles-Gewinner Nikola Karabatic da gefragt. Als Erstes nannte er: „Die Deutschen!“
Das ist bemerkenswert, da die Auswahl des Deutschen Handball-Bundes vor Großereignissen zuletzt selten in der ersten Reihe gehandelt wurde. Doch auch bei den so Gelobten glaubt man, dass dieses Turnier, das am Samstag (16 Uhr) mit dem Kracher gegen Schweden beginnt, anders werden könnte. „Mit jedem Turnier, jeder Erfahrung entwickelt sich unsere junge Mannschaft weiter“, sagte Luca Witzke. Der Leipziger sieht den Prozess immerhin so weit, dass „wir jeden schlagen können.“
Und vielleicht könnte Witzke auf der so wichtigen zentralen Rückraumposition selbst ein Detail auf diesem Weg werden. Der 25-Jährige und die Nationalmannschaft, das ging bis jetzt bei Großereignissen eher schwer zusammen. Mal bremste ihn ein Nasenbeinbruch aus, 2022 in Slowenien kickte ihn Corona aus der EM. Bei der Heim-EM im vergangenen Winter stoppte ihn der lädierte Oberschenkel.
Was ihm die schwierige Auifgabe einbrachte, die Verletzung auszuheilen und sich gleichzeitig für das noch größere Highlight Olympia zu empfehlen. Doch Witzke hat es geschafft und er tat es mit den Qualitäten, die nun zum Markenzeichen der ganzen Mannschaft werden sollen. „Ich habe hart für den Anruf des Bundestrainers gearbeitet“, sagte er. Der kam – für ihn „die Erfüllung eines Traums“ und keine Abrechnung mit der Vergangenheit. „Verletzungen sind leider ein Teil dieses Sports“, betonte er, „ich habe einen Punkt hinter diese negativen Erfahrungen gemacht.“
Die Frage ist: Reichen Qualitäten wie Teamgeist und Herz in einem Turnier, in dem Topnationen wie Dänemark, Spanien oder Frankreich, die praktisch ausschließlich auf Champions-League-gestählte Profis zurückgreifen können? Im deutschen Kader entstammen zum Vergleich gerade fünf Profis aus dem Olympiakader den Top 4 der Bundesliga. Jenen Clubs also, die parallel zur deutschen Eliteklasse auch noch lange Zeit in der Königsklasse (Magdeburg/Kiel) oder zumindest in der kleineren European League (Flensburg/Berlin) aktiv waren. Auch Luca Witzke steht mit seinem SC DHfK Leipzig außerhalb dieses Kreises. Ein Problem sieht er in der fehlenden internationalen Wettkampfhärte nicht. „Die Bundesliga ist so stark und so ausgeglichen besetzt, dass das nicht wesentlich ist“, sagte er, „weil du dich Woche für Woche auf hohen Niveau beweisen musst.“ Und, na klar, „es ist besser zu spielen als nicht zu spielen.“
In Frankreich muss es nicht hohes, sondern höchstes Niveau sein. Einzig die Japaner, am Montag zur unfreundlichen 9.00-Uhr-Anwurfzeit der zweite Gegner, gehören zur Kategorie Pflichtsieg – wie auch das deutliche 35:25 in der Generalprobe zeigte. Schweden, Kroaten und Spanier, wie auch Slowenien sind eher die Kategorie Kaliber. Doch Witzke glaubt: „Wir sind auf Augenhöhe.“
PATRICK REICHELT