„Ich habe ein bisschen Muffensausen“

von Redaktion

Beate Wagner über Paris und den Weg ihrer Weltmeister-Söhne Moritz und Franz

Talent früh erkennbar: Moritz (re.) und Franz. © Privat

Die WM: „Ein Wechselbad der Gefühle“ © IMAGO

Unglaubliche Momente: Moritz (li.) und Franz Wagner (M.) mit Mama Beate und Vater Axel nach dem WM-Sieg 2023 in Manila. © IMAGO

Bei der letzten Basketball-WM waren sie die Edelfans auf der Tribüne. Die Eltern Beate Wagner und Axel Schulz wurden immer wieder von den TV-Kameras eingefangen, zitternd, schreiend, jubelnd. Im Interview mit unserer Zeitung spricht Wagner über den Weg ihrer Weltmeister-Söhne Moritz und Franz, die verrückte College-Welt und warum es in Manila „krass“ war.

Frau Wagner, bei Sportlern fragt man immer, ob das Kribbeln vor einem Highlight wie Olympia schon beginnt. Wie ist das bei einer Mutter von zwei Sportlern?

Das Kribbeln beginnt so langsam. Ich habe ein bisschen Muffensausen vor dem riesigen Event und bin gespannt, wie das so wird. Moritz und Franz haben sich super gefreut, wieder bei der Nationalmannschaft zu sein. Das muss so toll sein, sich nach so einem Erfolg wiederzusehen.

Wann sind Sie auf die Idee gekommen, das Buch „Glanz in ihren Augen“ zu schreiben?

Ich habe schon seit Jahren darüber nachgedacht. Als Moritz ans College ging, wurde es das erste Mal ein bisschen special. Das war eine Welt, die wir nicht kannten und uns so fremd war. Da sind schon so viele Sachen passiert, die ich erzählenswert fand. Und es wurde ja immer krasser (lacht). Beim Draft-Lunch von Franz standen wir mit dem NBA-Commissioner Adam Silver zusammen. Da sagte er: Wie? Sie sind Journalistin? Da müssen Sie wohl ein Buch schreiben.

Den Bewegungsdrang hat man bei Moritz und Franz schon früh gemerkt?

Der war immer da. Beide sind durch die Wohnung getobt, haben draußen Fußball gespielt. Franz konnte kaum laufen, da hat er schon vor dem Tor gegrätscht. Ich habe noch einen Zettel von Franz hier an der Pinnwand hängen. Das war in der ersten oder zweiten Klasse, da sollten sie sich beschreiben. Der letzte Satz ist: Ich bin frech und schnell.

Wann haben Sie gemerkt, dass die Söhne eine außergewöhnliche Begabung haben?

Bei Moritz war das so mit 14 Jahren. Er war auch vorher immer schon sehr gut. Dann ging es auch mit dem Wachstum so krass los. Wir hatten damals aber auch noch kein Vorbild, nicht die Vorstellung: Okay, wenn der jetzt gut wird, ist er in vier Jahren eh am College. Bei Franz war das anders, das sagt auch sein erster Trainer. Als er das erste Mal den Ball in der Hand hatte, hat man schon das Talent gesehen. Für ihn war der Weg aber auch schon geebnet.

Im Buch wird beschrieben, wie der College-Coach aus Michigan ankündigt, nach Berlin zu fliegen, um Moritz und die Familie zu besuchen.

Das war sehr aufregend. Mit dem Coach stand diese fremde Welt, von der ich eben gesprochen habe, plötzlich in der Wohnung. Zuvor ist eine fette, schwarze Limousine vorgefahren, das war richtig filmreif. Ein total eleganter und charmanter Headcoach. Wir wussten, dass er in den USA berühmt ist und jetzt stand er in unserer Küche. Da wollten wir natürlich alles richtig machen. Wir haben es zumindest versucht, mit einem französischen Lamm, das ihm aber nicht so gut geschmeckt hat (lacht).

Bei einem Official Visit konnten Sie das College von Moritz dann besuchen. Wie war da Ihr Eindruck?

Die Halle hat so geglänzt, man hätte vom Boden essen können. Mit dem Team ist er abends direkt ausgegangen, neue Spieler werden wie in eine Familie aufgenommen. Man hat für seinen Sport die besten Bedingungen und studiert noch an einer tollen Uni, das ist wirklich wie in den Filmen. Trotzdem war das erste Jahr hart, er musste sich richtig durchbeißen.

Zwei Brüder, die früher in Berlin auf den Freiplätzen zusammen gespielt haben, haben es in die NBA geschafft, und dann auch noch in dasselbe Team.

Ich habe Franz gefragt, ob es sich für ihn anders anfühlt, wenn er Moritz anspielt anstatt einen Teamkollegen. Da sagte er: Natürlich! Er weiß immer genau, was Moritz macht und andersrum genauso. Da gibt es natürlich eine unheimliche Chemie und fast schon blindes Verständnis.

Läuft es in der gemeinsamen WG auch so harmonisch?

Bei der Klimaanlage gibt es schon mal Streit, Franz lässt gerne mal die Socken rumliegen. Und Moritz fühlt sich als großer Bruder natürlich immer verantwortlich. Aber insgesamt ist es ein sehr harmonisches Zusammenleben (lacht).

Den WM-Triumph haben Sie mit Ihrem Mann hautnah auf den Tribünen miterlebt. Welche Erinnerungen sind hängen geblieben?

Meine erste Emotion ist dieser total warme Schauer, der mir immer noch über den Rücken fährt, wie sich das alles entwickelt hat. Das war wie ein warmer Goldregen. Vorher war es ein Wechselbad der Gefühle. Sie haben immer noch einen draufgesetzt. Irgendwann hast du dir gedacht: Das kann ja keiner mehr glauben, was hier abgeht. Wir haben immer versucht, uns wieder runterzuregulieren. Es war toll und anstrengend. Manila war krass, so eine verrückte Situation. Die Jungs wohnen in einem Luxushotel und auf dem Weg dorthin hast du immer das normale Leben gesehen, die Armut. Alles so heiß und stickig. Was über allem liegt, ist eine unfassbare Dankbarkeit, dass wir das alles miterleben durften. Wir haben einfach mit durchgezogen (lacht).

Profis in der NBA, Millionenverträge, das klingt nach einem Traumleben bei Moritz und Franz. Aber dafür haben die beiden seit der Kindheit auch viel investiert.

Du musst die Disziplin haben, immer wieder zu trainieren. Auch mental dranzubleiben. Ich denke auf dem Laufband daran, wenn ich keine Kraft mehr habe. Franz sagt dann immer: Mama, das ist alles nur in deinem Kopf. Die beiden haben ihren Weg unheimlich diszipliniert verfolgt. Gerade in der Pubertät, da sitzt du nicht in einem Park und trinkst Sterni mit. Sondern läufst sogar Gefahr, dass die anderen sagen: Was ist das denn für ein komischer Typ, jetzt geht der schon wieder in die Halle.

Mit Paris steht jetzt das nächste Highlight in der Karriere von Moritz und Franz an.

Das ist eine runde Sache, egal wie es ausgeht. Die beiden freuen sich jedes Mal unheimlich, wenn sie mit dieser Truppe auf dem Platz stehen und für Deutschland spielen. Sie schätzen Gordie sehr und freuen sich, unter ihm noch mal bei diesem Turnier zu spielen. Beide sind glücklich, Teil dieser unglaublichen Reise zu sein.


INTERVIEW:

NICO-MARIUS SCHMITZ

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