Silber-Fisch träumt vom Gold-Coup

von Redaktion

Isabel Gose über Schwimm-Superstar Katie Ledecky und ein hungriges deutsches Team

Isabel Gose gewann bei der WM Silber, hätte aber auch gerne Siegerin Simona Quadarella geschlagen. © dpa / D’alberto

Paris – Die Verzweiflung wirkt noch nach. Bei der Schwimm-Weltmeisterschaft in Katar gewann Isabel Gose drei Medaillen, unter anderem Silber über die 800 m Freistil. Und war danach so sauer und enttäuscht. Acht Hundertsel fehlten zur Goldmedaille und Ausnahmeathletin Katie Ledecky, die seit 2013 jedes WM-Finale über die Strecke gewinnen konnte, trat nicht an. Die große Chance auf Gold also, verpasst.

„Ich habe das tatsächlich noch gar nicht verarbeitet, vermutlich werde ich es auch nie verarbeiten“, sagt Gose unserer Zeitung: „Mir fehlen da immer noch ein bisschen die Worte.“ Während des Rennens kam ihr schon der Gedanke: Jetzt kannst du Weltmeisterin werden. Aber dann schwamm die Italienerin Simona Quadarella eben einen Wimpernschlag schneller.

Nach drei Medaillen bei einer WM traurig sein, das zeigt das Niveau, das Gose in diesem Jahr konstant abrufen kann. Im Training hat sie die Qualität regelmäßig ins Becken gebracht, jetzt liefert sie auch in den Wettkämpfen ab. In Paris startet die 22-Jährige am Samstag über die 400 m Freistil, der Fokus liegt auf den 800 m und 1500 m. Da kommt es dann auch zum Aufeinandertreffen mit Ledecky, dieser überragenden Amerikanerin mit sieben Olympiasiegen, 21 Weltmeistertiteln und aktuell vier Weltrekorden. „Ich bin immer wieder erstaunt, wie sie solche Zeiten ins Wasser bringt. Das ist wirklich der Wahnsinn. Mit welcher Ausdauer und welcher Power sie immer ins Becken springt. Sie haut eine Zeit nach der anderen raus, an die keiner rankommt“, sagt Gose und muss lachen: „Ein bisschen ärgerlich ist es schon, dass sie genau in der Zeit schwimmt, in der ich auch vorne angreifen möchte.“

Angriff, das Motto vom jungen, hungrigen deutschen Schwimm-Team in Paris. Weltmeisterin Köhler startet Samstagmorgen im Vorlauf über 100 m Schmetterling, am Abend zählt Lukas Märtens über die 400-m-Freistil zu den Goldfavoriten. Vor den Spielen gaben Märtens und Gose ihr Liebes-Aus bekannt, ein Schock für die Familien, aber Erleichterung für die beiden, die auch weiterhin einer Trainingsgruppe angehören.

Die gebürtige Berlinerin hat in den letzten Jahren verstärkt an der mentalen Komponente gearbeitet, 80 Prozent des Rennens seien Kopfsache, sagt sie. „Da stehen nur Weltklasse-Athleten, unsere Körper sind fit. Dann muss man mental performen und alles aus sich herausholen. Man kann den Druck nicht wegzaubern, er ist da. Man muss ihn akzeptieren und damit umgehen.“ Gose schreibt sich einen klaren Plan für Wettkämpfe. Listet Stunde für Stunde auf, was sie machen muss. Das soll für Sicherheit sorgen. Und wenn doch mal die Nervosität aufkommt, ist ja immer noch das Team da. „Bei uns werden die Freundschaften sehr großgeschrieben. Wir sind nicht nur Teamkollegen. Man fühlt sich wohl und auch ein Stück zu Hause.“

„Ich will mich belohnen“

Gose gehört zu den besten Freundinnen von Märtens-Schwester Leonie, die nach Paris einen Hund von den Eltern geschenkt bekommt. Bei Gose gibt es in die Richtung keine Gedankenspiele, sie sagt lachend: „Ich hoffe, dass ich mich schon während Paris belohnen kann, nicht danach.“
NICO-MARIUS SCHMITZ

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