Buntes Spektakel im Regen

von Redaktion

Olympia-Eröffnungsfeier: Nass, gigantisch und friedlich

Geheimnisvoll: Auch Frankreichs Ex-Fußball-Weltstar Zinedine Zidane trug die Fackel auf den letzten Metern. © AfP

Prunk und Pracht unterm Eiffelturm, ein Boot- und Lichter-Meer bei Dauerregen, jede Menge französischer Nationalstolz und eine gesungene Liebeserklärung von Lady Gaga an „La Piaf“: Paris hat sich auch vom Riesenchaos an den Bahnhöfen und Schmuddelwetter seine Riesenparty auf der Seine nicht vermiesen lassen. Mit der wohl spektakulärsten Eröffnungsfeier der Geschichte haben die Olympischen Sommerspiele offiziell begonnen. Staatspräsident Emmanuel Macron und Hunderttausende Augenzeugen feierten dabei sich und ihre Stadt.

Um 22.54 Uhr sprach Macron am Trocadero vor dem Eiffelturms dann gut beschirmt den entscheidenden Satz: „Ich erkläre die Spiele von Paris zur Feier der 33. Olympiade der Neuzeit für eröffnet.“ Nach einem langen Wolkenbruch, der selbst einen Teil der Staatsoberhäupter auf der Ehrentribüne pitschnass zurückließ, fiel der Startschuss zum Mega-Sportfest, das in heiklen Zeiten für heitere Tage sorgen soll.

„In einer von Kriegen und Konflikten zerrissenen Welt verdanken wir es dieser Solidarität, dass wir heute Abend alle zusammenkommen und die Athleten aus den Gebieten aller 206 Nationalen Olympischen Komitees und die Angehörigen des IOC-Flüchtlingsteams vereinen können“, beschwor IOC-Präsident Thomas Bach die olympische Einheit.

600 000 Zuschauer waren ursprünglich für die revolutionäre Feier an und auf der Seine vorgesehen gewesen, aus Sicherheitsgründen wurden es letztlich 320 000 auf 124 Tribünen. Es war dennoch die mit Abstand größte Party der olympischen Geschichte, die auf eine der kleinsten folgte: Bei der Eröffnungsfeier der „Coronaspiele“ 2021 in Tokio waren im riesigen Stadion nur 1000 geladenen Gäste dabei, darunter gerade einmal 15 Staatsoberhäupter.

Nun waren diese in Scharen gekommen – wenngleich nicht alle: US-Präsident Joe Biden etwa ließ sich von seiner Frau Jill vertreten. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fehlte – die Sportler aus dem vom Krieg zerrütteten Land wurden dafür mit großem Beifall auf ihrer Bootsfahrt gefeiert. Als Vertreter Deutschlands gesellte sich Bundeskanzler Olaf Scholz zu den rund 120 anwesenden Staats- und Regierungschefs. Die VIP-Tribüne allerdings leerte sich angesichts der Regens schnell.

In Zeiten weltweiter Krisen und globalen Terrors war das gesamte Gebiet der Eröffnungsfeier zum Sperrgebiet geworden. 45 000 Polizisten und 15 000 Soldaten waren im Einsatz, die Behörden durch die Vorfälle am Morgen noch einmal sensibilisiert worden (siehe rechts).

Findige Historiker hatten ermittelt, dass die Eröffnungsfeier das größte Ereignis auf der Seine seit 285 Jahren war – am 29. August 1739 hatten die Hochzeits-Feierlichkeiten der zwölfjährigen Louise-Elisabeth, Tochter von König Ludwig XV., und des spanischen Infanten Philipp Prunk-Maßstäbe gesetzt.

Die reiche Historie der mehr als 2000 Jahre alten Metropole Paris bildete nun den Rahmen der olympischen Eröffnungsfeier. An zwölf Stationen auf einem sechs Kilometer langen Abschnitt der Seine, der an den wichtigsten Wahrzeichen der Hauptstadt wie Notre-Dame, dem Louvre, dem Grand Palais und schließlich dem Eiffelturm vorbeiführte, stellte sich Frankreich kunterbunt da. „Seine-sational“, fand das unter anderem die englische Boulevard-Zeitung The Sun.

Neben der Seine wurden deren Ufer zu einer einzigen Bühne. Dort sang unter anderem Lady Gaga eine mitreißende Version von „La vie en rose“ der großen Edith Piaf. Davor und danach tönte, glitzerte und funkelte das gesamte riesige Herz von Paris. Wie hätte das alles bei strahlendem Sommerwetter gewirkt?

Um kurz nach 19.30 Uhr, als der Himmel gerade die Schleusen öffnete, war auch die deutsche Mannschaft „in See“ gestochen, das vom Fahnenträger-Duo Anna-Maria Wagner und Dennis Schröder angeführte Team D schipperte gen Eiffelturm. Die Laune an Bord war bestens. Auch Tennis-Olympiasieger Alexander Zverev durfte kurz die Fahne halten. Erwartungsgemäß am lautesten wurden die französische Mannschaft gefeiert, die den Abschluss der Parade bildete.

Die Deutschen und alle anderen Nationen eint nun eine Hoffnung – dass dieser rauschende, aber nasse Pariser Abend doch bitte keinen Schnupfen zur Folge hat.
DPA

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