„Südkorea ist ein hochinteressanter Markt“: Das zeigt unter anderem der Fanclub „Red Light Korea“. © FC Bayern
„Er ist in Südkorea eine Ikone“: Diederich über Minjae Kim, der in den vier Tagen vor Ort das Zugpferd sein wird. © FC Bayern
„Sehr positiv“: Diederich über die Jahresbilanz.
„Der deutsche Profi-Fußball muss sich internationalisieren, wenn er erfolgreich bleiben will“: Diederich sieht den FC Bayern in der Vorreiterrolle – und hofft auf die anderen.
München – An diesem Mittwoch um 16.30 Uhr hebt der Sonderflug „KE9948“ in Richtung Seoul ab. Schon vor Ort: Michael Diederich. Der Finanzvorstand und stellvertretende Vorstandsvorsitzende des FC Bayern hat die 9. Audi Summer Tour des Rekordmeisters federführend organisiert. Das Interview mit dem 59-Jährigen.
Herr Diederich, 2023 waren Sie der „Neue“ auf der Audi Summer Tour, als wer treten Sie die Reise diesmal an?
Nachdem ich zum 1. Juli von meinem früheren Kollegen Andreas Jung die Bereiche Corporate Partnerships und Internationalisierung übernommen habe, freue ich mich riesig, nun auch für die Organisation der Tour verantwortlich zu sein. Unser Team hat lange und hart an dieser Reise gearbeitet. So etwas auf die Beine zu stellen, ist wirklich komplex. Wir sind mit fast 300 Personen unterwegs. Alle haben ein wahnsinnig umfangreiches Programm. Ich liebe diese intensive Zeit, dieses 24-Stunden-Beinandersein.
Der FC Bayern reist erstmals nach Südkorea. Warum?
Sowohl für Audi, Namenspartner der Tour, als auch für den FC Bayern ist Südkorea ein hochinteressanter Markt: dynamisch, sehr jung, extrem auf Innovation und Technologie ausgerichtet. Darüber hinaus bietet sich die Reise natürlich auch vor dem Hintergrund unseres Spielers Minjae Kim an. Ich sage mal: Win-Win für alle.
Erleben wir fünf Minjae Kim-Festtage?
Das würde ich nicht ausschließen (schmunzelt). Minjae wird in seiner Heimat extrem verehrt. Jeder Spieleinsatz von ihm ist dort eine Meldung in den Haupt-Nachrichtensendungen wert. Er ist in Südkorea eine Ikone. Seitdem er bei uns ist, haben sich mehr als 1000 neue Fan-Clubs bei uns registrieren lassen. Diese Reichweite können wir natürlich nutzen.
Kann man Erfahrungswerte aus neun Summer-Touren, vier davon nach Asien, nutzen – oder verlangen neue Märkte auch neue Maßnahmen?
Wenn wir im Ausland unterwegs sind, ist kein Markt wie der andere. Man muss sich individuell auf das Land, die Leute, die Gegebenheiten, die Fans, die Herausforderungen einlassen. Die einzige Überschneidung ist: In allen Ländern herrscht Fußballbegeisterung.
Wo gibt es noch Potenzial – also konkret: wo geht die Jubiläums-Tour 2025 hin?
Das werden wir zu gegebener Zeit bekanntgeben. Klar ist aber: Wir machen kein Länder-Hopping. Man muss die einmal definierten Märkte konstant bespielen, so wie der FC Bayern das ja seit Jahren tut. Einmal da zu sein und zu sagen, der Markt ist jetzt erschlossen, ist zu simpel. Es gibt noch viel zu entdecken, aber das Erlebte, die Kontakte müssen auch weiter getragen werden.
Der FC Bayern ist der erste Bundesliga-Verein, der nach langer Zeit wieder einmal den deutschen Fußball in Südkorea repräsentiert. Ist man gerne Vorreiter – und was möchten Sie den anderen zurufen?
Eines vielleicht vorweg. Man hat doch bei der EURO gesehen, wie gut sie unserem Land, den Fans und dem Sport getan hat – es war ein internationales Großereignis und Fakt ist: Der deutsche Profi-Fußball muss sich internationalisieren, wenn er erfolgreich bleiben will. Da geht es der Bundesliga nicht anders als anderen Branchen. Wir machen uns dafür auf den Weg, die Kollegen aus Dortmund haben sich auf den Weg gemacht, auch Eintracht Frankfurt und RB Leipzig sind aktiv. Aber insgesamt sind es nur sechs von 36. Das ist immer noch viel zu wenig. Unser Appell an die Liga und an die Klubs ist daher klar: Zeigt euch international!
Leverkusen als deutscher Meister ist nicht auf Reisen.
Es wäre natürlich schön gewesen, wenn sich auch der Meister auf die Reise gemacht hätte. Es muss unser gemeinsames Interesse sein, die Fahnen des deutschen Fußballs international hochzuhalten. Das gilt für alle Clubs. Wenn wir eine Solidargemeinschaft sind – und das wird ja zum Beispiel bei der Erlös-Verteilung immer wieder gefordert – gehört das dazu.
Apropos Solidarität: Aktuell werden die Medienrechte ab der Saison 2025/26 verhandelt. Wie war eigentlich die Resonanz auf den „Brandbrief“, den Sie in der Causa DAZN an die DFL geschickt haben? Sie haben Aufklärung gefordert.
Ein Partner-Einstieg bei der DFL ist bekanntlich mehrfach gescheitert, aber der Investitionsbedarf – zum Beispiel in Digitalisierung, aber auch Auslandsvermarktung – ist unverändert groß. Als Vorstand der FC Bayern AG ist es daher nicht nur Aufgabe, sondern Verpflichtung, an so einem bedeutsamen Thema wie der gestoppten Ausschreibung dranzubleiben. Die wirtschaftliche Bedeutung ist immens, hier steht viel auf dem Spiel. Ich möchte es mal klar formulieren: Es geht bei dieser Ausschreibung nicht nur darum, wer der Rechtepartner der DFL ab der Saison 2025/26 wird. Sondern auch darum, was die DFL sich in der kommenden Rechteperiode leisten kann. Und damit jeder einzelne Club. Wissen Sie, was ich schon scherzhaft zu meinen Kollegen gesagt habe?
Was?
Dass wir hier über ein paar gelbe Tennisbälle reden, die dazu geführt haben, nicht mit einem Partner zu arbeiten, der bis zu zwei Milliarden Euro an den Tisch bringen wollte. Das sind ganz schön teure Tennisbälle, mit denen man auf die Zukunftsfähigkeit des Fußballs gezielt hat. Es geht da nicht in erster Linie um uns, sondern vor allem um viele Clubs, die weniger Möglichkeiten haben, die nötigen Investitionen aus eigenen Mitteln zu stemmen.
Im ersten Jahr haben Sie beim FC Bayern im Hintergrund agiert, aber auch viel angestoßen. Wie findet man seine Rolle in dieser „speziellen“ Machtstruktur?
Ich weiß nicht, wie viele Einzelgespräche ich im vergangenen Jahr geführt habe – und zwar nicht nur mit Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern, sondern vor allem auch mit anderen Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen Bereichen. Man findet seine Rolle, indem man sich auf das Gegenüber einlässt – und versteht dann auch im Detail immer mehr, was die spezielle DNA des FC Bayern ist.
Ist Ihnen Uli Hoeneß nicht zu öffentlich?
Nein, und gerade zuletzt wurde die Berichterstattung um seine Person oder seine Aussagen falsch oder aus dem Kontext gerissen dargestellt. Mit ihm werden gerne Konflikte konstruiert, die es so nicht gibt beim FC Bayern. Damit wird gerne auch Auflage gemacht. Auch bei Ihnen gab es zuletzt eine – wie ich finde – polemische Titelzeile. Fakt ist: Ich schätze den intensiven Diskurs mit Uli. Alles, was er macht, macht er immer für den FC Bayern und häufig spricht er das aus, was viele von uns bewegt, ob es um sportliche oder wirtschaftliche Themen geht. Genauso schätze ich die Expertise von Karl-Heinz Rummenigge, den Austausch mit Herbert Hainer, die tägliche Zusammenarbeit mit Jan-Christian Dreesen und Max Eberl.
Dreesen beerbte Oliver Kahn, um den Verein zurück in ruhige Bahnen zu führen. Wo ist man auf diesem Weg?
Das vergangene Jahr war für alle eine herausfordernde Zeit. Inzwischen ist Jan mehr als ein Jahr im Amt – und wenn ich mir jetzt unser tägliches Arbeiten ansehe, kann ich sagen: Man ist mit einer Unternehmenskultur nie fertig, aber wir sind auf einem sehr, sehr richtigen Weg. Ich sitze ja auch in der Kantine, bin bei Auswärtsspielen, höre gerne zu. Das Feedback ist deutlich besser als im vergangenen Jahr.
Der Blick auf den Kader zeigt noch „Altlasten“. Hat der FC Bayern eine zu hohe Gehaltsstruktur im Profispieler-Bereich?
Ich sage mal so: Wir alle sind davon überzeugt, auch mit einer angepassten Gehaltsstruktur unsere sportlichen Ziele erreichen zu können..
Wie steht’s um das Festgeldkonto? 120 Millionen Euro wurden schon ausgegeben.
Ich möchte noch nichts zu den Jahresergebnissen sagen – aber ich kann verraten, dass es sehr positiv aussehen wird, was ich im November auf der Jahreshauptversammlung berichten kann. Eine Saison ohne Titel ist nicht schön für uns, aber wir haben an vielen Stellen hart gearbeitet, um dies ökonomisch auszubalancieren.
Wie feiern Sie eigentlich große Siege? Typ Zigarre oder Typ Rotwein?
Es gab schon Momente, in denen wir gemeinsam gesungen haben. Und wenn ich mich zwischen Zigarre oder Rotwein entscheiden müsste: Klar der Rotwein.
INTERVIEW: HANNA RAIF,
MANUEL BONKE