LEICHTATHLETIK

„Das sind Monster“

von Redaktion

Busemanns Prognosen für Zehnkampf, Sprint, Weit- und Stabhochsprung

Gewann 1996 Olympia-Silber: Frank Busemann. © IMAGO

Er setzt Maßstäbe im Zehnkampf: Leo Neugebauer, die deutsche Gold-Hoffnung. Doch die Frage ist: Wie steht es nach seiner anstrengenden College-Saison um die Kraft? © IMAGO

Die Leichtathletik startet. Frank Busemann (49) ist wieder als TV-Experte vor Ort und begleitet die Wettkämpfe. Im Interview spricht der Zehnkampf-Silbermedaillengewinner von Atlanta 1996 über die Favoritenrolle von Leo Neugebauer, der am Freitag loslegt, außerdem die Chancen von Malaika Mihambo und Überflieger Duplantis.

Frank Busemann, die Leichtathletik-EM in Rom war die Generalprobe für Olympia. Hat das Schwung gegeben für Paris?

Als Fan und Leichtathletik-Enthusiast war das okay. Als wir 2022 aus München rausgegangen sind, hatten wir eine riesige Begeisterung, nach Budapest 2023 eine riesige Enttäuschung, und Rom hat den Leistungsstand der deutschen Leichtathleten gut abgebildet. Da ist noch riesiges Potenzial da, alles im grünen Bereich.

In Paris werden Sie sich sicher besonders auf den Zehnkampf freuen.

Das wird der Hammer. Neugebauer ist ganz klar der Favorit. Aber es wird nicht einfach nach einer kräftezehrenden College-Saison, das wird ein krasses Niveau. Ich bin froh, dass ich bei den Monstern nicht mitmachen muss und nur zuschauen darf (lacht).

Leo Neugebauer hat mit dem Rekord diese Saison schon einen absoluten Höhepunkt gehabt. Kann das hinderlich sein?

Das gibt erst mal Schwung. Man weiß: Ich habe es drauf! Das kann auch zur Last werden, aber ich schätze Leo nicht so ein, dass es ihn lähmt. Er hat die Erfahrung in Budapest gemacht, dass der Zehnkampf immer aus zwei Tagen besteht und man mit der Favoritenrolle auch eine Bürde zu tragen hat. Wenn man mit 8200 im Vorfeld rumeiert und nicht weiß, woran es liegt, das ist beschissen. Dann lieber mit knapp 9000 Punkten und wissen: Ich kann´s (lacht).

Eine Goldkandidatin ist immer Malaika Mihambo, in Rom gab es den Weitsprung-Satz auf 7,22 Meter.

Die 7,22 muss man mit Vorsicht genießen. Das war auf dieser Sprungschanze in Rom, die Sprungleistungen waren allgemein Wahnsinn. Tara Davis-Woodhall ist die erste Adresse für Gold. Malaika hat immer wieder gezeigt, dass sie unter Stresssituationen einen raushauen kann, das muss aber nicht immer funktionieren.

Wie gut tut Owen Ansah mit dem neuen deutschen Rekord über die 100 m der deutschen Leichtathletik ?

Der deutsche Rekord lag über der Olympia-Norm, dass muss man sich mal vorstellen. Es ist so schön, dass Owen den Rekord geknackt hat und schneller als die Norm war. Man darf jetzt aber auch nicht erwarten, dass er in den Endlauf kommt. 9.8 ist da noch mal ein anderes Kaliber. Aber Owen kann mit Druck und Rückschlägen umgehen, der weiß genau, was er will.

Wer ist Ihr Favorit über die 100 Meter?

Das ist ein super enges Feld. Da gibt es mal schnell über zwanzig Leute, die unter zehn Sekunden laufen. Da dann die acht besten Plätze auszucatchen, wird eine Herausforderung. Das ist auch ein wenig die Gefahr für Noah Lyles. Wenn da so ein 23-jähriger Kishane Thompson plötzlich bei Olympia läuft, bei dem brennen dann alle Sicherungen durch. Die können dann auf einmal Sprünge machen, da fragt man sich: Wo kommt das denn her? Es wird spannend, ob der etablierte Showmaker es durchzieht oder die jungen Wilden auf den Goldzug springen.

Auch Armand Duplantis wird die Menschen wieder in seinen Bann ziehen. Ihre Stabhochsprung-Bestleistung war 5,10 Meter, wie springt der Schwede so mühelos 6,24?

Ich bin kein Maßstab, ich bin jArschbomben-Springer gewesen (lacht). Das war gruselig, bei der B-Note wäre ich immer durchgefallen. Duplantis fliegt. Der bringt das mit, was Sergej Bubka hatte. Duplantis springt sein ganzes Leben schon, ist ein unfassbares Bewegungstalent. Das ist eine Dreiklassengesellschaft im Stabhochsprung. Erst Duplantis, dann lange nichts, dann die anderen.


INTERVIEW:

NICO-MARIUS SCHMITZ

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