„Olympia ist die perfekte Bühne“

von Redaktion

Box-Superstar Kabayel glaubt an deutsche Olympia-Hoffnung Tiafack

Hoher Besuch: Kabayel (re.) mit Cristiano Ronaldo. © fkn

Hat Großes vor: Für Nelvie Tiafack geht es am Freitag um eine olympische Medaille. © IMAGO

Zwei Fäuste für ein Halleluja? Nelvie Tiafack (Superschwergewicht) ist die deutsche Box-Hoffnung bei den Olympischen Spielen. Heute (ca. 17.40 Uhr) kämpft der 25-Jährige im Viertelfinale gegen Diego Lenzi aus Italien. Bei einem Sieg hätte Tiafack Bronze fix. Agit Kabayel drückt seinem ehemaligen Trainingspartner die Daumen.

Herr Kabayel, trauen Sie Tiafack Gold zu?

Auf jeden Fall. Kämpfe bei den Olympischen Spielen unterscheiden sich sehr vom Profiboxen. Man hat immer nur drei Runden, die Fights folgen dicht hintereinander. Der Großteil des Turniers findet auf der mentalen Ebene statt. Jeden Kampf muss man wie ein Finale sehen. Wenn Nelvie das macht, ist alles möglich für ihn. Er muss sich sicher vor niemandem verstecken.

Sie sind laut WBC-Rangliste die Nummer zwei der Welt, nach 25 Kämpfen ungeschlagen, und haben Erfahrung mit großen Kämpfen. Was geht dabei im Kopf vor?

Bei meinem letzten Kampf in Riad im Mai haben Millionen Menschen weltweit zugeschaut, sogar Cristiano Ronaldo kam extra zu meinem Kampf und hat sich an den Ring gesetzt, um mich anzufeuern. Natürlich merkt man dann, dass der Druck hoch ist. Das Wichtigste ist aber, dass man sich nur auf den Kampf konzentriert. Ich entwickle in solchen Situationen einen Tunnelblick. Ich höre nur die Stimme meines langjährigen Trainers. Alles andere blende ich aus. Es ist immer auch eine mentale Schlacht.

Wie kämpft Tiafack?

Er schlägt sehr viel, allerdings nicht so hart. Das ist im Amateurboxen aber auch nicht das Wichtigste. Bis man jemanden k.o. schlägt, vergeht häufig viel Zeit. Es ist wichtig, eine hohe Frequenz zu haben, dynamisch zu sein, das Tempo vorzugeben, eine gute Kondition zu haben und zu marschieren. Das bringt Nelvie mit.

Welchen Stellenwert haben die Olympischen Spiele im Boxsport?

Es ist auf jeden Fall eine sehr große Möglichkeit. Vorher ist man eigentlich Amateurboxer und verdient kleines Geld. Wenn man bei den Olympischen Spielen erfolgreich ist, garantiert einem das auch eine sehr guten Promotervertrag. Ich glaube auch, dass Nelvie nach Paris in den Profisport wechseln und sich dort gut präsentieren kann. Dann wird er bestimmt gute Kämpfe bekommen und hochgepusht. Olympia ist die perfekte Bühne für den Übergang in den Profibereich.

Im Mai haben Sie Frank Sanchez souverän besiegt. Sie können nun um die Weltmeisterschaft (WBC) boxen. Wann kämpfen Sie wieder?

Ich habe jetzt den Herausforder-Status. Das heißt, ich habe Anspruch auf einen WM-Kampf, sobald einer frei ist. In nächster Zeit finden viele Schwergewichtskämpfe statt. Ich der einzige aufstrebende Box-Star, der noch keinen Kampf verloren hat. Deshalb wollen viele gegen mich kämpfen. Aber das muss aus meiner Sicht Sinn machen. Wenn, dann brauche ich einen Kampf, der eine große sportliche Herausforderung für mich ist.

Deutschland hat eine große Box-Historie. Macht der Deutsche Boxverband einen guten Job?

Nein, absolut nicht. Boxen ist sehr schwierig. Man muss über Jahre bereit sein, Arbeit reinzustecken – ohne zu wissen, ob etwas dabei rumkommt. Wenn es so weitergeht, werden wir immer weniger Boxer haben. Ich habe in meinem Leben noch nie einen Cent Sportförderung bekommen.


INTERVIEW: PHILIPP KESSLER

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