Stolz: Judoka Miriam Butkereit. © IMAGO/Eibner/Memmler
Danke, Trainer: Isabel Gose mit Bernd Berkahn.
Aufgedreht: Slalomkanutin Elena Lilik.
Feierbiester: Die Ruderinnen ließen es nach Bronze krachen.
Der Morgen danach hätte für die deutschen Medaillen-Heldinnen nicht unterschiedlicher aussehen können. Der Ruder-Vierer mit Pia Greiten, Leonie Menzel, Tabea Schendekehl und Maren Völz (Bronze) sowie Judo-Vize-Olympiasiegerin Miriam Butkereit saßen übermüdet in der Pressekonferenz im Deutschen Haus. Genau dort hatte es eine ausgiebige Feier gegeben bis in die tiefe Nacht hinein, zwei bis drei Stunden Schlaf waren das höchste der Gefühle. Isabel Gose (Bronze über 1500 m Freistil) hingegen war am Donnerstagmittag schon wieder in der Staffel gefordert, bei Elena Lilik (Silber) stand morgens eine Trainingseinheit für Kajak-Cross an.
Den Medaillenempfang im Deutschen Haus ließ sich die Augsburgerin natürlich trotzdem nicht nehmen. Ihr Erfolg ist auch eine Familiengeschichte. Gleich nach dem sensationellen Lauf im Wildwasserkanal war sie zu ihrer Mutter gestürmt. „Ich musste zu meiner Mama, ich musste sehen, ob es ihr gut geht und ob sie noch stehen kann.“ Danach gab es die herzliche Umarmung für Mann Leon Lilik, ehemaliger Eishockey-Spieler und seit einem Jahr Athletiktrainer der Fischtown Pinguins. Und dann ist da ja noch Thomas Apel, Vater und Trainer in Personalunion: „Es ist wunderschön, dass alles, was wir reingesteckt haben, so belohnt wird.“
Für Gose war es ein Rennen gegen die eigenen Zweifel. Bei den gewonnenen internationalen Medaillen fehlten meist starke Konkurrentinnen. Doch nicht so am Mittwochabend, die Elite über die 1500 m Freistil war versammelt, und die 22-Jährige belohnte sich nach einem starken Auftritt mit Bronze. Bereits nach der Goldmedaille von Ex-Freund Lukas Märtens hatte sie im Interview vor Freude geweint, jetzt kullerten die Tränen wegen des eigenen Erfolgs. „So viele Rennen habe ich gegen sie verloren, ich war schon am Verzweifeln, weil das natürlich auch an die Psyche geht“, sagte Gose über das Medaillen-Duell mit der Italienerin Simona Quadarella: „Ich wusste einfach auf den letzten 100 Metern: Ich kann das. Und ich habe die Kraft dafür. Und ich habe so sehr an mich geglaubt, dass ich sogar noch fast die Französin geschlagen habe.“ Der Erfolg von Paris ist wichtig für den Kopf. Für zukünftige Rennen, für zukünftige Medaillen. „Ich glaube, dass ich mental einen ganz, ganz großen Schritt nach vorne gegangen bin.“
Die Tränen flossen am Donnerstagmorgen auch bei Butkereit. Aber nicht wie am Abend zuvor aus Trauer über die verpasste Gold-Chance, sondern aus Stolz über Silber. „So langsam realisiere ich, dass es Olympia-Silber ist und nicht irgendein Wettkampf.“ Die Judoka zog sich vor drei Monaten einen Innenbandriss im Knie zu, verpasste die Weltmeisterschaft, vor einer Woche dann noch eine Gehirnerschütterung im Training. „Ich glaube, das ist der beste Beweis, dass man trotz Verletzung weitermachen kann. Egal, wie oft man fällt. Man kann immer wieder aufstehen.“ Nach dem Kampf hatte die 30-Jährige kritisiert, dass Absprachen zwischen Trainer, Verband und Athleten über den Haufen geworden wurden.
Als Feierbiester erwiesen sich die Ruderinnen. „So einen Empfang hatten wir noch nie“, sagte Greiten: „Wenn 10 die maximale Müdigkeit ist, sind wir mindestens bei sieben.“ Nach Bronze fiel der Druck von allen ab und Menzel hofft auf neue Fans: „Das haben so viele Leute gesehen, die sonst nichts mit Rudern zu tun haben. Es macht uns stolz, so eine Peformance gezeigt zu haben, dass Deutschland im Rudern mitreden kann.“
NICO-MARIUS SCHMITZ